Zürich wirkt vorbildlich. Nachdem die Stadt mit dem Schliessungsentscheid fürs Literaturmuseum das Erdenkliche unternahm, dessen Bekanntheit bis in analphabetische Regionen zu erhöhen, folgt jetzt Olten mit einer kulturpolitischen Glanznummer. Am Eisenbahnknotenpunkt droht der Kunst die spektakuläre Entgleisung. Aus Spargründen sollen das Kunstmuseum verriegelt und die Sammlung verkauft werden. Auf diesen Vorschlag kommt, wer neben der nacheifernden Verbundenheit mit Zürich auch über die Voraussetzung kultureller, ökonomischer und juristischer Ahnungslosigkeit verfügt.
Kostspieliger Unfug
Frei von Wissen und Gewissen ergibt sich zwingend, dass Steuergelder für die Kunst verschleudert sind und Kunstschaffende wie Donatoren keinerlei Rechte besitzen, weshalb Bilder und Skulpturen schwuppdiwupp vergantet werden können.
Gegen diesen Unfug wehrt sich Dorothee Messmer als Museumsdirektorin mit der einzig zutreffenden Frage, ob sich Olten die Schliessung des in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichenden Museums überhaupt leisten kann. Bei Troste sicher nicht. Das künstlerische Gedächtnis der Stadt würde erlöschen, die von den Künstlerinnen und Künstlern garantierte Frischluftzufuhr abgewürgt und der in den umliegenden Restaurants und Ladengeschäften durch die Museumsbesucher generierte Umsatz entfallen. Unbezifferbar wäre der Imageschaden für die kunstplündernde Stadt.
Der Oltener Maler und Karikaturist Martin Disteli (1802-1844) hänselte den Thurgau als "Mostindien". Zur heutigen Charakterisierung seiner Vaterstadt müsste er in eine tiefere Schublade greifen. Doch Häme und Spott sollen auch nach Auffassung von annähernd 4.000 Petitionären keine weitere Nahrung finden, weshalb sie Stadtrat und Parlament dringend empfehlen, auf ihre sparteuflischen Kunststücke zu verzichten.
Ein Fest der Farben
Das bereits gekürzte Budget brachte eine geplante Ausstellung zu Fall und Dorothee Messmer und Katja Herlach auf eine in jeder Bedeutung des Wortes schlagende Idee. Dreissig Kunstmuseen in der Schweiz wurden um die kostenlose Leihgabe von Bildern zu dem die gedrückte Stimmung aufheiternden Thema Frühling gebeten. Die spontane und solidarische Hilfsbereitschaft zeigt, wie wunderbar und kreativ es ist, wenn sich statt der Politik die Museen in der Kunst des Möglichen üben.
Unter dem Titel "Frühling, lass Dein blaues Band …!" wird die Jahreszeit in Anlehnung an Eduard Mörikes Gedicht als beglückendes Fest der Farben spannend und überraschungsreich interpretiert. An die hundert Schweizer Künstlerinnen und Künstler aus dem frühen 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart machen den Lenz als Naturereignis und Symbolstifter herrlich erlebbar.
An die Adresse der Politik kann die Botschaft nur lauten, sich den Frühlingsgefühlen zu öffnen, sich in die Kunst zu verlieben und ihr zu schenken, was sie verdient, nämlich ein renoviertes Museum.
Dann kann wieder gelacht werden wie an der Vernissage, als die Einladung, "Das Buffet ist eröffnet", in der freudschen Version zu hören war: "Das Budget ist eröffnet".
Kunstmuseum Olten, "Frühling, lass Dein blaues Band …! - Die Kunstmuseen der Schweiz zu Gast in Olten", bis 25. Mai 2014,