Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich von Saudi-Arabien emanzipiert und spielen mehr und eine eigenständige Rolle. An der am Sonntag in Dubai eröffneten Air Show demonstrieren sie ihre militärische Stärke. Das Bild zeigt einen Kampfjet, der Leuchtraketen abschiesst. Inzwischen verändern sich die Fronten im Nahen und Mittleren Osten in solch atemberaubendem Tempo, dass Prognosen für selbst die nahe Zukunft immer schwieriger werden.
In den letzten Tagen haben zum ersten Mal Marine-Einheiten der Vereinigten Staaten, Bahrains und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gemeinsame Übungen mit Israel im Roten Meer abgehalten. Übungen, deren Hauptziel es sein dürfte, die Aktivitäten des Iran in dieser Region mehr unter Kontrolle zu bringen, weil hier nicht nur die internationalen Transportwege zum Suez-Kanal verlaufen, sondern auch die des iranischen Nachschubs für die Huthi-Rebellen im Jemen.
Saudi-Arabien nahm offiziell nicht an den Übungen teil. Gegen den Willen der Saudis hätte das Manöver jedoch kaum stattfinden können. In Riad bleibt man aber offenbar vorsichtig zurückhaltend. Vor allem skeptisch, ob die jüngsten Treffen saudischer und iranischer Vertreter in der irakischen Hauptstadt Bagdad tatsächlich ein erster wichtiger Schritt in Richtung auf eine Beilegung der Animosität zwischen beiden Staaten gewesen ist.
Eigenständige Emirate
In den VAE wiederum scheint man dies für gegeben hinzunehmen. Die Emiratis hatten sich als erste bereits 2019 aus der Gefolgschaft der Saudis bei deren Kriegseinsatz im Jemen verabschiedet, sie waren es auch, die ein Jahr später in einem Friedensvertrag («Abraham-Abkommen») mit Israel den Auftakt machten zu ähnlichen Abkommen anderer arabischer Staaten.
Mit dem Iran schlossen die Emirate gleichzeitig Sicherheitsabkommen ab, die ihnen die freie Schifffahrt durch den Persischen Golf ebenso zusagen wie auch den Schutz vor Raketenangriffen der Huthis aus dem Jemen, so wie es sie wiederholt in Saudi-Arabien gegeben hatte. Der Führer der Emirate, Prinz Mohammed bin Zayed, fühlt sich überhaupt in vielerlei Hinsicht unabhängig: So versucht er in letzter Zeit, die arabischen Staaten zu einer Wiederaufnahme Syriens in ihrem Kreis zu bewegen. Mit dem Argument, dies werde Syrien aus seiner engen Verstrickung mit dem Iran lösen.
Die USA spielen in Syrien längst keine wichtige Rolle mehr
Nun schickte er sogar seinen Bruder, Abdullah bin Zayed, nach Damaskus, Präsident Assad auch direkt dazu zu überreden. Spontane Zustimmung sieht anders aus: Die engen Beziehungen zum Iran stammen noch aus den Zeiten seines Vaters Hafez el-Assad, und sie sind eng verbunden mit den Machtinteressen des Iran im überwiegend schiitischen Nachbarland Libanon. Unbestätigt blieb deswegen bisher auch eine Meldung, wonach Assad den Iran aufgefordert habe, sein militärisches Engagement in Syrien zu reduzieren.
Letztlich dürfte Assad aber darin selbst einen Vorteil für sein politisches Überleben sehen: Es kann ihm nicht daran gelegen sein, sein Land nach den Jahren des blutigen Krieges im Landesinneren auch noch zum Aufmarschgebiet für einen möglichen iranischen Angriff auf Israel zu machen. Schon jetzt sind iranische und selbst syrische militärische Ziele nicht sicher vor Präventivangriffen der israelischen Luftwaffe und Assad hat kein Mittel, dies zu beeinflussen: Die USA sagen und tun nichts in die Richtung – sie spielen in Syrien ohnehin schon längst keine wichtige Rolle mehr.
Türkischer Machtanspruch in Syrien
Die Russen tun dies weiterhin, sie denken aber nicht daran, die sich gegenwärtig abzeichnende Entwicklung zu verhindern. Es scheint eine stillschweigende Übereinkunft zwischen ihnen und den Israelis zu geben, dass Letztere mit ihren Luftangriffen syrische Ziele möglichst aussparen sollen.
Eine andere wichtige Rolle sehen die USA für die russische Führung vor, wenn es um die Begrenzung des türkischen Machtanspruchs in Syrien geht. Zwar unterhalten die Emirate gute Beziehungen zu Erdogan, sie scheinen aber zu wissen, dass ein Verbleiben der Türken in Syrien oder auch nur die Ausweitung ihrer Macht dort ein weiterer gefährlicher Krisengrund wäre. Ähnlich sehen es natürlich die Kurden, deren Macht Erdogan angeblich begrenzen will, ebenso die Amerikaner, die die Kurden – ihre langjährigen Verbündeten – während des Syrienkrieges im Stich gelassen hatten.
Ein Gadaffi-Sohn will Präsident werden
Ein neues Feld für den Nahostkonflikt zumindest als Nebenrolle eines anderen regionalen Konflikts tut sich schliesslich jetzt in Libyen auf: Bei der für Dezember anberaumten Wahl des Regierungschefs kandidieren mindestes zwei Männer, die Beziehungen zu dem Konflikt hatten oder noch haben: Saif al-Islam al-Gaddafi, ein Sohn des langjährigen Diktators des Landes, hatte sich zu dessen Regierungszeit wiederholt mit Israelis getroffen, obwohl sein Vater eine strikt pro-palästinensische Linie verfolgte.
Die Aussichten auf seinen Wahlsieg dürften nicht besonders gross sein, schon eher die von General Haftar, der bisher vergeblich versucht hat, mit militärischen Mitteln an die Macht zu kommen: Kürzlich soll er seinen Sohn Saddam nach Israel geschickt haben, um dort für politische und militärische Unterstützung zu werben. Sollte er die Wahlen gewinnen – so die Botschaft Haftars – werde auch er Frieden mit Israel schliessen.