Während die EU-Staaten am vergangenen Freitag die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland um 6 Monate verlängerten, weilte der wegen seiner Ukrainepolitik bestrafte Putin zu einem freundschaftlichen Treffen im prominenten Strandquartier bei Turku, der sogenannten Goldküste Finnlands.
Zwar wurde Putins Besuch auch in den westlichen Medien vermeldet. Kein Wort erfuhr man aber über das zwischen Putin und dem finnischen Präsidenten zelebrierte Sonderverhältnis und über Putins aggressive Ausfälle gegen die Nato. Es schien, als ob die westlichen Medien und die mit Putin sprechenden finnischen Journalisten über zwei verschiedene Ereignisse berichteten.
Befreiungsschlag
In Finnland geht man von einem finnisch-russischen Sonderverhältnis aus, das sich als gute Nachbarschaft bezeichnet. Dies bedeutet, dass keiner dem Nachbarn Schwierigkeiten bereiten darf. Das freundschaftliche Verhältnis wird zurzeit belastet durch die von der EU seit Mitte 2014 gegen Russland erlassenen Wirtschaftssanktion. Finnland muss als EU-Mitglied wohl oder übel mitmachen. Die finnischen Medien begrüssten es daher als Befreiungsschlag, dass ihr Präsident Putin parallel zur Verlängerung der Strafaktion in Brüssel zu einem demonstrativen Freundschaftstreffen einlud.
Helsinki informierte, dass man gegenseitige Probleme wie die Flüchtlingspolitik diskutiere. Den an der Goldküste anwesenden finnischen Journalisten war jedoch klar, dass es zwischen dem finnischen Präsidenten Niinistö und Putin um die Bestätigung des Sonderverhältnisses ging. Als ein Journalist den russischen Präsidenten fragte, ob er einen konkreten Einwand gegen eine finnische Nato-Mitgliedschaft hätte, fuhr der Gast schweres Geschütz auf. Die Nato sei jederzeit bereit, bis zum letzten Finnen gegen Russland zu kämpfen. Es sei natürlich allein an den Finnen, ob sie sich für eine solche Lösung entscheiden wollten.
Kriegsfront statt Nachbarschaft
Für Russland würde dadurch eine friedliche Grenzlinie von 1500 Kilometern zu einer bedrohlichen Front. Während man sich heute für die Grenze zu Finnland auf je einen Stützpunkt in Sankt Petersburg und in Murmansk am Eismeer beschränke, müsste Russland nach einem finnischen Nato-Beitritt grosse Teile seiner Armee an diese nördliche Front verlegen. Da die von Putin erläuterte Nachbarschaft voraussetzt, dass kein Partner sein Territorium für unfreundliche Aktionen gegen den Nachbarn zur Verfügung stellt, erübrigten sich weitere Ausführungen über Finnland und die Nato.