Sowohl im Gazastreifen an der Grenze zu Israel als auch im Westjordanland kam es zu den heftigsten Ausschreitungen seit Jahren. Die israelischen Sicherheitskräfte gingen mit scharfer Munition und Tränengas-Drohnen gegen die Demonstranten vor.
Anlass der Ausschreitungen ist die von Präsident Trump verfügte Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Diese ist am Montag mit einer Zeremonie eröffnet worden. Zu den 800 geladenen Geästen gehörten Trumps Tochter Ivanka und ihr Ehemann Jared Kushner.
„Massaker an unbewaffneten Demonstranten“
Der palästinensische Gesundheitsminister Jawad Awad bezeichnet das israelische Vorgehen als „Massaker an unbewaffneten Demonstranten“. Al-Kaida ruft zum Heiligen Krieg auf. Auch die Türkei spricht von einem Massaker.
Palästinenserpräsident Mohammed Abbas sagte auf einer Medienkonferenz: „An diesem Tag gehen die israelischen Massaker an unserem Volk sowohl im Gaza-Streifen als auch im Westjordanland weiter. Heute ist der grausamste Tag, den unser Volk erlebt hat.“
Heute feiere Israel die Eröffnung der amerikanischen Botschaft, sagte Abbas. Die Israeli würden behaupten, das besetzte Land von Jerusalem sei das Land ihrer Vorfahren. „Das ist Geschichtsfälschung.“ Die Palästinenser hätten ununterbrochen in diesem Land gelebt. „Unser Volk wird weiterhin friedlich demonstrieren, bis wir den Sieg errungen haben und Jerusalem unsere Hauptstadt ist.“
Ägypten hat die Grenze zum Gaza-Streifen geöffnet, um Hilfsgüter nach Gaza befördern zu können.
„Von Hamas aufgehetzt“
Die Eröffnung der neuen Botschaft erfolgte auf den Tag genau 70 Jahre nach der Gründung Israels. Im Hinblick auf diesen Jahrestag demonstrieren seit dem 30. März jeden Freitag im Gaza-Streifen an der Grenze zu Israel Tausende. Sie fordern, dass die vertriebenen Palästinenser in ihre Heimatorte im jetzigen Israel zurückkehren können. An diesem Montag sollen sich laut israelischen Angaben 35’000 Menschen an der Grenze versammelt haben. Sie drohen, in Israel einzumarschieren.
Die israelische Armee warnte sie und erklärte, sie würde gewaltsam gegen Eindringlinge vorgehen. Wer die Grenze überquere, riskiere sein Leben. Israel erklärt, die Demonstranten seien von der radikalen Hamas aufgehetzt worden. Seit April sind bei Protesten an der Grenze zwischen dem Gaza-Streifen und Israel 42 Palästinenser ums Leben gekommen.
Am Abend veröffentlichte das Gesundheitsministerium in Gaza eine Erklärung, wonach 55 Palästinenser getötet und 2’700 verletzt worden seien. Dutzende Verwundete würden sich in einem sehr kritischen Zustand befinden. Im Spital von Gaza rieche es nach Blut, Blut sei überall, zitiert der Fernsehsender Al-Jazeera einen palästinensichen Journalisten vor Ort. Alle Betten seien belegt, die Verletzten würden auf dem Boden herumliegen. Mindestens 200 der Verwundeten sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden unter 18 Jahre alt. 78 seien Frauen und 11 Journalisten.
Weitere Eskalation?
Israelische Beobachter befürchten, dass angesichts der hohen Zahl von Toten und Verwundeten die Ausschreitungen eskalieren und am Dienstag einen neuen Höhepunkt erreichten könnten.
Am Sonntag, dem Tag vor der Botschaftseröffnung, hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Aussenministerium eine amerikanische Delegation zu einem Essen geladen. Es war laut israelischen Angaben, „das grösste Fest, das je in einem Ministerium stattgefunden hat“. Am Montag dann enthüllten der amerikanische Finanzminister Steven Mnuchin und Ivanka Trump am bisherigen amerikanischen Konsulat in Jerusalem eine Plakette. Damit wurde das Konsulat zur Botschaft hochgestuft.
Trumps Schwiegerohn Jared Kushner sagte, die amerikanische Regierung bemühe sich weiter um ein Friedensabkommen zwischen Israeli und Palästinensern. Jene, die Gewalt provozieren, seien Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.
Präsident Trump twitterte: „Big day for Israel. Congratulations!“ In einer Video-Botschaft erklärte er, Israel sei ein souveräner Staat und habe das Recht, seine Hauptstadt selbst zu bestimmen.
(J21)