Obiger Satz war unlängst im Tagesanzeiger-Magazin zu lesen. Es ging um die Nationalbank und die SVP. Aber der Kontext ist hier nicht näher von Interesse. Man versteht als deutschsprachiger Durchschnittsleser den Satz auch ohne Zusammenhang. Er heisst: Kann man das überbieten/übertreffen.
Nur, weshalb dann die Verwendung dieser vermurksten Vokabel „toppen“? Sie ist offenkundig abgeleitet vom englischen „Top“ (Gipfel, Spitze, Deckel, Oberteil) und dann auf Deutsch verbalisiert mit eben der Bedeutung überbieten/übertreffen.
„Toppen“ klingt nach Meinung mancher Autoren oder Redner schon wegen der angelsächsischen Wurzel irgendwie cooler, salopper, weltläufiger als „überbieten/übertreffen/übertrumpfen". Man kann das so sehen – und anscheinend sieht das heute eine wachsende Zahl von Textern und Medienleuten so. Aber ist das auch guter Stil? Darüber lässt sich endlos streiten. Die Sprache lebt, nichts ist in Stein gemeisselt.
Meine Meinung: „Toppen“ ist keine überzeugende Bereicherung des deutschen Sprachgebrauchs – inhaltlich bringt sie gegenüber den Verben „überbieten, übertreffen“ keinen Mehrwert und stilistisch ist sie ein Murks.
Es gibt allerdings noch hässlichere deutsche Slang-Wörter mit pseudooriginellem angelsächsischem Bezug, zum Beispiel „fooden“. Ein Kommentator schreibt dazu bündig im Internet: „Unnötiger Anglizismus, essen genügt“.
R. M.
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