Eine unter 1010 Palästinensern in der Westbank und Gaza durchgeführte Umfrage, organisiert vom Palestinian Center for Public Opinion (PCPO) hat in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Firma Greenberg, Quinlan, Rosner in einer Umfrage unter der Palästinensern in der Westbank folgendes, für mich doch überraschend, herausgefunden (Quelle: Jerusalem Post, 22.7.2011,http://www.jpost.com/DiplomacyAndPolitics/Article.aspx?id=229493)
• 66 Prozent sind der Ansicht, dass es das eigentliche Ziel der Palästinenser sein müsse, mit einer Zweistaatenlösung zu beginnen, dann aber dazu überzugehen, einen einzigen, ausschließlich palästinensischen Staat zu schaffen.
Meinungen zur Zukunft Jerusalems
• 64 Prozent begrüßen Mahmud Abbas’ Vorhaben, vor der Uno einseitig einen palästinensischen Staat auszurufen (57 Prozent sind es in der Westbank, 79 Prozent im Gazastreifen).
• 92 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Jerusalem ausschließlich die Hauptstadt eines Staates Palästina sein soll. Ein Prozent findet, es möge nur die Kapitale Israels sein, drei Prozent sähen es gerne als Hauptstadt beider Staaten, und vier Prozent möchten, dass Jerusalem eine neutrale, internationale Stadt wird.
• 72 Prozent glauben, dass es keine mehrtausendjährige jüdische Geschichte in Jerusalem gibt.
• 62 Prozent befürworten es, israelische Soldaten zu entführen und als Geiseln zu nehmen.
• 53 Prozent halten es für eine gute Idee, palästinensischen Schülern antijüdische Hasslieder beizubringen.
• 73 Prozent stimmen mit einem auch in der Charta der Hamas zu findenden Hadith überein, in dem es heißt: „Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!“
• 80 Prozent schließen sich einem weiteren Auszug aus der Charta der Hamas an, demzufolge es der Bataillone aus der arabischen und islamischen Welt bedarf, um die Juden zu besiegen.
Keine Partner für den Frieden?
Was sagt uns das? Es sagt uns, dass wir Friedensfreunde einen Einbahnzug fahren, ohne wirkliche Partner für einen gemeinsamen Frieden. Das gilt auch für all jene wie ich, die an die Zweistaatenlösung glauben, diese als fairste aller Lösungen betrachten, die Juden und Arabern Frieden bringen soll. Es erklärt aber auch, warum die palästinensische Erziehung zum Judenhass ununterbrochen fortschreitet, denn hier sehen wir das Resultat.
Ich denke, dass der fehlende Fortschritt bei den - zur Zeit überhaupt nicht stattfindenden - Verhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel grossenteils auf dem Misstrauen der israelischen Bevölkerung gegenüber den Palästinensern und ihren Führungsmannschaften beruht. Einem Misstrauen, das von Politikern beider Seiten gnadenlos gefördert wird.
Ich verstehe nun auch besser den Hass der Westbank-Palästinenser auf unsere israelischen Araber, so wie er mir wiederholt von arabisch-israelischen Freunden berichtet wird. Einem Hass, der nicht nur auf dem Neid auf ihre israelischen demokratischen freiheitlichen Bürger- und Sozialrechte beruht, sondern inzwischen zu einer Ideologie geworden ist, die das Misstrauen vieler jüdischer Bürger bestätigt.
Gründe für israelisches Misstrauen
Für viele Palästina-Sympathisanten ist die dokumentierte Tatsache nicht ersichtlich – oder es wird bewusst übersehen –, dass palästinensische Politiker in Arabisch wesentlich Anderes und meist gar nichts Friedliches sagen, als das Versöhnliche, das sie in englischer Sprache von sich geben. Wenn der palästinensische Friedenswunsch nicht aus einer ehrlichen Motivation kommt, wird es dieses Misstrauen der jüdischen (und auch vieler israelischen Araber, die es nur nicht wagen auszusprechen) weiterhin geben und wachsen.
Das gilt natürlich umso mehr, wenn gegenwärtig die israelische Regierungsmacht in den Händen nationalistischer und ultra-orthodoxer Juden ist, deren Motivation sich auf ideologisch manipulierte biblische und geschichtliche Argumente stützt ohne auch nur den Versuch zu machen, wirkliches israelisches Sicherheitsdenken zu berücksichtigen.
Es gibt auch andere palästinensische Stimmen
Ein enger Freund ist gelegentlich geschäftlich in der Westbank. Er macht Geschäfte mit palästinensischen Firmen in Hebron und Ramallah. Er erzählte, wie modern, sauber und effizient die dortigen Fabriken sind und wie ihre Produkte auch in Israel zu wettbewerbsfähigen Preisen verkauft werden. Er findet seine palästinensischen Geschäftspartner seien dieselben Menschen wie in Israel. Sie wollen ihre Firma zum Erfolg führen, die palästinensische Wirtschaft weiter entwickeln, Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen.
Diese Geschäftspartner seien der Meinung, die palästinensische Politik des Alles oder Nichts gegenüber Israel bedrohe die wachsende palästinensische Wirtschaft und deren Erfolge. Vielleicht denken Wirtschaftsführer in den besetzten Gebieten anderes, als das, was die Resultate obiger Umfrage zeigt.. Die Scheu, offiziell anderes als die offizielle Linie einzuhalten, könnte ebenso bei der oben erwähnten Umfrage den Ausschlag gegeben haben.
Was Israel von innen bedroht
Meine Sorge, die als Fussnote in all meinen E-Mails steht, gilt heute mehr als je: „Wir wollen nicht eines Tages aufwachen und einen Staat Israel vorfinden, für den einzusetzen sich nicht mehr lohnt".
Das hat wenig mit der von arabischer Seite bestehenden Bedrohung zu tun. Bestimmt nicht kurz- und mittelfristig. Doch welcher liberale, demokratische Freiheiten liebende Jude möchte in einem Land leben, in dem extremer Nationalismus und rassistischer Hass herrschen und die freiheitliche Demokratie bedrohen!
Dazu kommt die ultra-orthodoxe Bevölkerungsgruppe, deren einzige Sorge die Durchsetzung mittelalterlicher Religionstraditionen ist - oder was sie dafür halten. Mit diesen Forderungen bestimmen sie für jedermann das tägliches Leben in Israel zu einem wesentlichen Teil.
Müssen liberale Israeli auswandern?
Noch kann Israel das ändern, auch wenn sich die Welt der überfrommen Orthodoxie vermehrt, als gäbe es noch kein Fernsehen, das man als Abwechslung sehen könnte. Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, dass Fernsehen gerade in diesen Kreisen rabbinisch verboten ist, weil es die dazu notwendige Zeit zu fortpflanzenden Tätigkeiten verknappen könnte.
Langfristig hingegen gilt: sollte sich Israel von einem säkularen in einen theokratischen, rückwärtsgewandten Staat verwandeln, in dem demokratisches Leben sukzessiv verschwindet – erste Gesetze dieser Art sind in der Knesset in diesen Wochen angenommen worden – wird das viele Bürger zur Auswanderung veranlassen, denn sie wollen ihre Freiheiten nicht verlieren.
Gefährliche politische Gleichgültigkeit
Dann würde die westliche Welt grosse Mengen talentierter und kreativer neuer Bürger gewinnen, deren Fehlen in Israel verheerende Folgen für das Land hätte. Ohne Freiheit und Kreativität geht nichts in der Wirtschaft und in den Hochschulen, die Armee würde in die Hände extremistischer rechtsextremer Ideologen fallen. Der Prozentsatz nicht arbeitender Bürger (z.B. lebenslanges Jeshiva-Studium) würde weiter steigen. Die Weigerung der Ultraorthodoxie dem israelischen Bruttosozialprodukt und der Last nationaler Verteidigung beizutragen, hätte katastrophalere werdende Folgen, sind es doch eben die oben erwähnten arbeitsamen und kreativen Bürger, deren Zahl weiter abnehmen wird.
Leider ist die Realität in Israel so, dass es einer Notsituation bedarf um staatsbewusste Bürger zu aktivieren. Jedes Mal, wenn eine solche ausbricht, z.B. im Falle eines Kriegsausbruchs wie 1967 und 1973, strömen Israelis (auch viele, die sich Ausland befinden) zu den Waffen und tun ihre Pflicht. In ruhigen Zeiten, sind sie so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nur der wirtschaftliche Aspekt ihres Lebens interessiert. Für anderes sind sie zu müde, haben keine Zeit oder sagen (ganz wie viele Bürger der Schweiz), dass die Politiker sowieso tun, was sie wollen.
Wann protestieren die engagierten Demokraten?
Das mag sein, stimmt aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Vor kurzem haben Bürgerproteste gezeigt, dass sich die Regierung davon beeinflussen lässt, auch wenn es in diesem Fall nur um Hüttenkäse (Cottage Cheese) ging.
Statt Hüttenkäse sollte auch gegen den Parasitismus der Ultrareligiösen und gegen faschistische Tendenzen in der Politik öffentlich protestiert werden. Auf die Länge reicht das Oberste Gericht nicht aus, die heute noch lebendige Demokratie des Landes zu retten – seine Bürger müssen sich endlich selbst bemühen.