Es ist über ein halbes Jahr her seit jenem schicksalshaften 8. November 2016, als Hillary Clinton unvermittelt realisierte, dass das Undenkbare geschehen war: Die frühere First Lady hatte eine Wahl verloren, von der es geheissen hatte, eine Niederlage wäre allein ihr zuzuschreiben, ein Fall von Hybris, eine Tragödie gar. Es kam an jenem Dienstag so, wie es nicht hätte kommen dürfen. Amerika wählte Donald Trump zum 45.Präsidenten – mit einem Minus an Volksstimmen, aber einem Mehr an Voten des Electoral College.
Seither dominiert der Milliardär die Berichterstattung der Medien, die er zwar als „Feinde des amerikanischen Volkes“ niedermacht, insgeheim aber süchtig konsumiert. Um Hillary Clinton war es lange Zeit ruhig; sie zeigte sich als gute, obwohl nicht immer einsichtige Verliererin.
Jetzt aber sucht die Demokratin erneut das Rampenlicht. Mitte Mai hat die 69-Jährige, angelehnt an ihren Wahlkampfslogan „Stronger Together“, eine politische Organisation namens „Onward Together“ gegründet. Die Gruppe soll Widerstand leisten gegen Donald Trumps politische Agenda und Leute dazu ermutigen, „sich einzubringen, sich zu organisieren und sogar für politische Ämter zu kandidieren.“ Sie kämpfe, schreibt Hillary Clinton auf Twitter, nach wie vor „für ein menschlicheres, grossherzigeres, offeneres Amerika.“
Derzeit noch unbekannt ist der Titel ihres jüngsten Memoirenbandes, der im September erscheinen wird. Das Buch soll ihrem Bekunden zufolge „meine Beichte und meine Bitte um Vergebung“ sein. Bereits zirkulieren, nicht eben hilfreich, Titelvorschläge unbeteiligter Aussenseiter. „I Got Trumped“ lautet einer unter ihnen.
Wie sich Widerstand gegen Donald Trump ebenfalls äussern kann, haben vor kurzem 8. Klässler aus New Jersey demonstriert. Anlässlich des traditionellen Ausflugs nach Washington DC haben sich Dutzende unter den 218 Schülerinnen und Schülern einer Middle School geweigert, sich zusammen mit Paul Ryan, dem mächtigen Sprecher des Abgeordnetenhauses und Trumps loyalem Gefolgsmann, fotografieren zu lassen – ein Akt zivilen Ungehorsams. Ein Schüler begründete seine Abstinenz mit dem Verweis, er habe sich nicht zusammen mit jemandem ablichten lassen, „für den die Partei wichtiger ist als das Land“.
Es ist eine überzeugende Begründung, die sich auch Hillary Clinton zu Herzen nehmen könnte. Sie hat vor dem 8. November allen anders lautenden Lippenbekenntnissen zum Trotz ihre Eigeninteressen vor jene der Partei gestellt und so mitgeholfen, dem Lande und der Welt Donald Trump zu bescheren. Dass sie sich jetzt um Wiedergutmachung bemüht, ist zu loben – und hoffentlich von Erfolg gekrönt.