Dem Vernehmen nach sollen sich vor Weihnachten 2011 in den Lokalitäten der Bankenaufsicht FINMA in Bern Vertreter von den 11 Banken getroffen haben, die im Kugelhagel der US-Behörden stehen. Es handelt sich um Credit Suisse, HSBC Schweiz, Basler und Zürcher Kantonalbanken, Julius Bär, Bank Wegelin, Liechtensteinische Landesbank, die nicht mehr aktive Neue Zürcher Bank sowie die Schweizer Niederlassungen der israelischen Banken Leumi, Hapoalim und Mizrahi.
Es ging um eine grossflächige Datenoffenlegung, mit der direkte Klagen, nicht nur solche gegen einzelne Mitarbeiter, abgewendet werden sollten. Hat offensichtlich nicht geklappt.
Verschwörung ist das Schlüsselwort
Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist das eine, und damit gerät der einzelne Kundenbetreuer von US-Steuerzahlern ins Feuer. Diverse Klagen sind hängig. «Conspiracy» oder Verschwörung zur systematischen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist das andere, diese Klage richtet sich gegen das Bankinstitut selbst. Und ist sozusagen eine Atombombe. Wird diese Anschuldigung erhoben, befinden die Banklizenz in den USA und die Kontakte zu Korrespondenzbanken sofort in Lebensgefahr. Selbstverständlich unabhängig vom Ausgang des Prozesses, nach dem alten Wildwest-Prinzip: Gebt ihm ein gerechtes Verfahren, dann hängt ihn auf.
Die USA wollen alles
Um die vor dem Abgrund stehende UBS zu retten, lieferte die Schweiz mehr als 4400 Kundendaten an die USA aus. Ein klarer Rechtsbruch, wie das Bundesverwaltungsgericht später festhielt. Die Ironie der Geschichte ist, dass damit eine der beiden Grossbanken das Schweizer Bankgeheimnis schleifte. Die Tragödie ist, dass damit die Schweiz sich selbst und ihren Rechtsstaat vor der reinen Machtpolitik der USA beugte.
Die Konsequenz ist, dass seither die USA auf einem Datenberg sitzen, den sie gnadenlos abarbeiten, um eine Bank nach der anderen zu knacken. Genauer gesagt, sie wollen alles. Und laut Radio «DRS» ist der Bundesrat willig, mehrere Millionen Bankdatenfiles zu liefern, verschlüsselt als Pfand für die seit Jahren verstolperte Globallösung. Sieht sehr nach Selbstmord aus Angst vor dem drohenden Tod aus.
Parallelen zum Fall Hildebrand
Man mag von den Devisengeschäften des Ex-Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank halten, was man will. Fakt ist, dass er nach heutigem Erkenntnisstand damit weder gegen Gesetze noch gegen Regulatorien verstossen hat. Man mag von der Beherbergung von US-Steuerzahlern durch Schweizer Banken halten, was man will. Fakt ist, dass damit gegen kein Schweizer Gesetz verstossen wurde.
Man mag die Moralkeule schwingen oder sich über dumme Geldgier Schweizer Banker erregen. Fakt ist, dass hier US-Macht Schweizer Recht bricht. Man mag einwenden, dass sich Schweizer Banken zwar innerhalb der Gesetze, aber dumm verhielten. Fakt ist, dass Dummheit nicht strafbar ist. Zumindest in einem Rechtsstaat.
Absurdistan
Genau gleich wie weiland die UBS stehen sämtliche Schweizer Banken, die Beziehungen zu US-Steuerzahlern unterhielten oder sogar noch unterhalten, vor einem für sie unlösbaren Problem. Während die Einschläge aus den Rohren der Supermacht näherkommen, bis die Bank selbst in ihrer Existenz bedroht ist, müsste sie zur Abwehr Kundendaten ausliefern. Und würde damit gegen Schweizer Recht verstossen. Oder aber, sie weigert sich und wird im Extremfall mit einer Verschwörungs-Klage platt gemacht.
In dieser teuflischen Zwickmühle könnte dem Finanzplatz Schweiz nur die Regierung, die Staatsmacht, zu Hilfe eilen. Von eilen kann da keine Rede sein, für Ende dieses Jahres wird in schwammigen Worten eine mögliche Gesamtlösung in den Raum gestellt.
Kassensturz
Da die reine, auf Rechtsstaatlichkeit und extraterritoriale Grenzen der eigenen Gesetze pfeifende Machtpolitik der USA bislang einen durchschlagenden Erfolg hatte, wird das wohl als Desaster für die Schweiz enden. Selbst der Hinweis auf die ungeheuerliche Heuchelei der USA, die innerhalb des Geltungsbereichs ihrer Gesetze Steuerschlupflöcher in Delaware und anderswo dulden, die sie ausserhalb gnadenlos verfolgen, wird da nichts nützen.
Die USA wollen alles, sämtliche Kundendaten seit dem Jahr 2000, um Steuerflüchtlinge gnadenlos verfolgen und bestrafen zu können. Plus eine Gesamtbusse von Schweizer Banken in der Höhe von 10 Milliarden Dollar.
Wegelin als letzte Warnung
Nach diesem Blattschuss kann man Vermutungen anstellen, welche Bank sich die USA als nächste vornehmen wollen. Eine Bank mit Staatsgarantie wie CS oder die beiden Kantonalbanken. Oder Bank Bär. Oder eine beliebige andere Bank, es gibt ja (noch) genügend davon in der Schweiz. Im Moment sieht es so aus, dass die grösste Hoffnung der Schweiz darin besteht, dass die zuständigen US-Staatsanwälte vor lauter Lachen über die unbeholfenen Reaktionen der Eidgenossen die Tastatur nicht bedienen können und hinter Lachtränen den Bildschirm nicht sehen.