Eine typisch lusitanische Tragödie. An über 600 Filialen prangt in Portugal der Schriftzug «Banco Espirito Santo» (BES). Noch. Denn die Bank ist blank. Aber keine Panik; der Staat greift ihr mit 4,9 Milliarden Euro unter die Arme, trennt sie zum Schutz des Kleinsparers in einen «gesunden» Teil und in eine «Bad Bank» auf, und am Schluss kommt alles gut. Ein Wunder.
Unüberschaubar
Genau wie der Heilige Geist selbst ist auch das komplizierte Geflecht der BES-Holding unüberschaubar. Diese Bankfilialen sind lediglich das sichtbare Ende eines Dschungels von Holdingstrukturen, Untergruppen mit Auslegern bis nach Brasilien, Angola und auch in die Schweiz. Mit verschlungenen Geldströmen, gegenseitigen Beteiligungen, völlig ausser Kontrolle.
Was man zu wissen glaubt, ist die Tatsache, dass die portugiesische Bank noch über ein Eigenkapital von weniger als 700 Millionen Euro verfügte. Daran ist wiederum die BES-Holding mit Sitz in Luxemburg mit 25 Prozent beteiligt. Diese 175 Millionen kann man wohl ohne weiteres als Luftbuchung abschreiben.
Auf der anderen Seite übernimmt der portugiesische Staat die Bank, rekapitalisiert sie mit 4,9 Milliarden Euro. Wo hat er die denn her? 500 Millionen nimmt er aus einem «Abwicklungsfonds», der zur Verhinderung zukünftiger Finanzkrisen geäufnet wurde und danach leer ist. 4,4 Milliarden kommen, mit Billigung der EU-Kommission, aus einem von der «Troika» beschlossenen «Notkredit» aus der letzten Portugal-Rettung. Damit werden die Regeln der 2016 in Kraft tretenden Euro-Bankenunion ausgehebelt. Würden sie angewendet, kämen in einer Haftungskaskade auch Gläubiger und Sparer mit Einlagen über 100'000 Euro zur Kasse.
Unheiliges Gebastel
Obwohl diese Regeln im Fall Zyperns bereits angewendet wurden, gelten sie nun für Portugal nicht. Denn man will doch nicht, dass die gute Laune über die Triumphmeldungen, dass Portugal unter dem ESM-Rettungsschirm hervorschlüpfen konnte, verfliegt. Aber über dieses Gemurkse hinaus braucht es starken Glauben an den Heiligen Geist, dass wenigstens diese Bankenrettung ohne Schädigung des europäischen Steuerzahlers abgeht.
Der fromme Wunsch ist, dass die gute Bank, die inzwischen schon «Novo Bank» heisst, ihre normalen Dienstleistungen für Sparer, Hypothekenbesitzer usw. weiter erbringen kann. Der schlechte Teil wandert in eine «Bad Bank», die mit 4,9 Milliarden über Wasser gehalten wird. Am Schluss kommen die 4,9 Milliarden wieder zurück, und die Steuerzahler singen Halleluja. Nur: Wie soll das gehen?
Gottvertrauen
Letztlich mit Gottvertrauen. Der kühne Plan ist, die Aktionäre der Bank und nachrangige Gläubiger zur Kasse zu bitten. Die sind teilweise selber pleite, aber Himmels willen, von solchen ketzerischen Details wollen wir uns doch nicht im Glauben irre machen lassen. Denn am Schluss sollen die werthaltigen Reste dieser «Übergangsbank» an private Investoren verkauft werden. Zusammen mit dem Rasieren der Aktionäre und der nachrangigen Gläubiger kommen so, Hosianna, exakt wieder 4,9 Milliarden zusammen.
Der Kleinsparer verliert nichts, auch der erstrangige Gläubiger mit mehr als 100'000 Euro verliert nichts, der portugiesische Rettungsfonds verliert nichts, und der europäische Steuerzahler, der mal wieder ungefragt für mindestens 4,4 Milliarden geradesteht, verliert ebenfalls nichts. Ist doch wunderbar, der Beweis: Wunder gibt gibt es immer wieder.
Gott und Geld
Zumindest in den aufgeklärten Teilen Europas darf man aber vielleicht ein paar ketzerische Gedanken äussern. Ausser, Gott verfüge doch über Gelddruckmaschinen, deren Ausstoss der Heilige Geist, sozusagen in Form eines Heiligen Gelds, über die Welt regnen lässt, kann das ja nicht funktionieren.
Selbst wenn die Aktionäre in der Lage sein sollten, einen Totalverlust von theoretisch 700 Millionen zu vertragen: Wo kommen dann genau die übrigen 4,2 Milliarden wieder her, die aktuell reingesteckt werden? Indem man auch noch alle nachrangigen Gläubiger kahl rasiert. Aha. Und sollte das nicht reichen, liegen anscheinend noch genügend nicht in der Bilanz ausgewiesene Aktiva rum, die man dann an private Investoren verscherbeln kann.
Also wer das glaubt, hat einen starken Glauben, aber keine Ahnung von Finanzen. Denn letztlich ist diese neuerliche «Bankenrettung» ganz sicher nicht die letzte, und garantiert nicht die erste in der Euro-Zone, bei der der Steuerzahler nicht sein Scherflein beizutragen hat. Aber vielleicht erfüllt dann der Heilige Geist sein ansonsten leergeräumtes Portemonnaie.