Unter dem Titel „Ces malades qui nous gouvernent“ erschien Ende der 70er-Jahre ein Aufsehen erregendes Buch. Den Umschlag zierten Politiker wie Winston Churchill, Leonid Breschnew oder Georges Pompidou. Zwar sei es, argumentierten die Autoren Pierre Accoce und Dr. Pierre Rentchnick, fast unvermeidlich, dass Politisieren die Gesundheit gefährde. Doch der Bürger müsse sich bewusst werden, wie gefährlich es sei, wenn Kranke an den Schalthebeln der Macht sitzen. Heute dagegen, so der empirisch nicht erhärtete Eindruck, strotzen Politiker vor Gesundheit. Vorbild hierzulande ist Adolf Ogi. Der Bundesrat stieg einst, vor laufenden Fernsehkameras, aufs Matterhorn. Die Bergtour mutet jedoch fast bieder an verglichen mit den Exploits von Wladimir Putin, dem Supermacho, der mit dem Tiger tanzt. Vor kurzem ist der russische Präsident noch mit Kranichen am Himmel geflogen – in einem Leichtflugzeug. Indes pflegt Barack Obama frühmorgens im Weissen Haus zu trainieren und zwar abwechslungsweise Ausdauer und Kraft. Der amerikanische Präsident spielt auch gern Basketball - nicht etwa zum Plausch, sondern kompetitiv gegen frühere Profis. Auch Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan ist Fitness-Fan. Der Republikaner absolviert täglich ein knallhartes Programm mit dem ominösen Titel P90X. Aus all diesen Schweiss treibenden Aktivitäten zu folgern, die Politik sei besser und die Welt sicherer geworden, wäre aber verfehlt. Ein geringer Gehalt an Körperfett und ein Waschbrettbauch sind kein Ersatz für Herz und Hirn. (Ignaz Staub)