Die Wochenzeitung DIE ZEIT beglückt ihre Leser mit einem Beitrag über eine Trendforscherin unter der Überschrift: „Voraussagen, was angesagt ist“. Die Dame weiss auch, wie sie dazu kommt: Intuition.
Die Sprache schlägt hier eine Kapriole und vermittelt den Eindruck, dass sie danach wieder auf die Füsse falle. Denn das Verb „ansagen“ ohne erkennbares Subjekt ist eigentlich sinnlos, doch man glaubt trotzdem „intuitiv“ zu wissen, was gemeint ist. Wenn das Subjekt fehlt, handelt es sich um einen Trend, wenn man das Subjekt kennt, handelt es sich meistens um die Ansage einer Verspätung, z.B. von Zügen: „Wir danken für Ihr Verständnis.“
Apropos Züge: Die haben zwar häufig Verspätung, aber das Autofahren ist auch nicht mehr das, was es einmal war. So titelt die Basler Zeitung: „Warum Autofahren nicht mehr angesagt ist“. Die Basler Zeitung meint damit, dass junge Leute heute nicht mehr so häufig und selbstverständlich wie früher den Führerschein machen. Oder in der Formulierung der Basler Zeitung: "'Gratulation, Sie haben bestanden!' Diesen Satz sagen Fahrprüfungsexperten immer weniger zu jungen Schweizern.“
Was aber ist nun angesagt? Die Limmattaler Zeitung schreibt am 21. August 2012: „Rekordhitze: Im Bus sitzen und schwitzen ist angesagt“. OK, da könnte man noch an die Wettervorhersage denken. Aber der Clou des Wortes „angesagt“ besteht eben darin, dass es eigentlich niemanden mehr gibt, der etwas ansagt. Die Ansage sagt sich selbst an. Diejenigen, die die „Ansage“ ansagen, sind im Grunde nur ausführende Organe von etwas Grösserem, Gewaltigerem, eben einem Trend.
Um das zu unterstreichen, wird „angesagt“ in den Superlativ gedreht. So gibt es nicht nur die „angesagtesten Haarfarben“. Vielmehr fragt das Handelsblatt: „Welche Kunstrichtung ist die angesagteste?“. Da ist sie wieder, die Stimme aus dem Off, jenseits aller Vernunft und Urteilskraft, aber sie wird „verstanden“. S. W.