Gegen die «Bild» kann kein Bundeskanzler regieren, konstatierte Machtmensch Gerhard Schröder. «Der Spiegel» war einmal das grosse Nachrichtenmagazin, das kontrollieren und auch ein bisschen mitregieren wollte. Mit dem Titel «Stoppt Putin jetzt!» ist es zum Spiegelbild boulevardesker Hetze verkommen, das sogar Tote missbraucht. Dieses «Spiegel»-Titelblatt wird als vorher nicht vorstellbarer Verluderung in die Geschichte der deutschen Journaille eingehen.
Warum sollte Putin gestoppt werden? Weil er höchstpersönlich an der Flugzeugtragödie über der Ukraine schuld sein soll, wie das Blatt beweisfrei insinuiert? Und wer sollte ihn stoppen? Vielleicht wieder der deutsche Landser, der ja schon einmal die Krim «befreite», es bis knapp vor Moskau schaffte? Und «jetzt!» beinhaltet sofort, ohne Federlesen, zuerst schiessen, dann fragen.
Die ehemalige Ikone des US-Journalismus, die im Print wiederauferstandene «Newsweek», ernennt Putin zum «Staatsfeind Nummer eins des Westens» und zum «Paria». Illustriert auf dem Cover mit einem fleckigen Schwarzweissporträt des russischen Staatspräsidenten, in dessen mafiöser Sonnenbrille sich zwei farbige Atombombenexplosionen spiegeln. Der Mann ist ein Verbrecher, skrupellos, geht über Leichen, hat Atomwaffen. Der muss weg, da sind sich «Bild», «Der Spiegel» und «Newsweek» einig. Während wir kopfschüttelnd betrachten, zu welch primitiver Kriegshetze sich insbesondere deutsche Presseerzeugnisse vor hundert Jahren hingaben, wiederholt sich gerade die Geschichte. Hoffentlich als Farce, nicht als Tragödie.
Dafür muss Putin bestraft werden, dessen war sich US-Präsident Obama schon kurz nach dem Absturz der Malaysia Airline MH17 über der Ukraine sicher. Dabei sind bis heute die Ursachen und allfällige Schuld ungeklärt. Wenn man von angeblichen «Beweisen» absieht, die der US-Geheimdienst veröffentlichte. Man soll also notorischen Lügnern glauben, die nicht nur 2003 mit vom damaligen US-Verteidigungsminister Powell vor der UNO präsentierten angeblichen Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein die Welt hinters Licht führten. Nachdem die UNO dennoch eine Legitimation verweigerte, marschierten die USA mit ihrer «Koalition der Willigen» in den Irak ein. Es stellte sich nicht nur heraus, dass der Grund für diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg frei erfunden war, damit begann auch die bis heute andauernde irakische Tragödie mit mehr Toten als unter Diktator Hussein. Die Blutspur zieht sich weiter nach Ägypten, Libyen, Syrien.
Ohne die finanzielle Unterstützung durch EU und IMF wäre die ukrainische Regierung schon längst pleite und könnte keinen Krieg gegen Teile der eigenen Bevölkerung führen. Ohne russische Unterstützung wären die Separatisten im Osten des Landes militärisch schon längst am Ende. Warum dann nicht wenigstens «Stoppt Obama, Putin und Barroso samt Mutti Merkel»? Oder noch besser: «Stoppt den „Spiegel“ jetzt!»