In Deutschland wählen die Grünen in einer Urwahl ihre zwei Spitzenkandidaten. In den USA sind Obama und Romney in Primaries bestimmt worden. In Frankreich wurde François Hollande in Primärwahlen als sozialistischer Kandidat erkoren. In Italien wählen im November die Linken und im Dezember die Berlusconi-Partei ihre Spitzenkandidaten. Warum gibt es eigentlich keine Primaries in der Schweiz? Es gibt bei uns einen wichtigen Unterschied zu den erwähnten Ländern: Wir wählen ja nicht einen Spitzenkandidaten, sondern eine Partei, eine ganze Liste. Doch diese würde wohl anders aussehen, als sie an Parteikongressen beschlossen wird. Sie wäre breiter abgestützt, wenn alle Parteimitglieder entscheiden könnten. Das wäre Demokratie, von der alle so gerne reden. Warum kann die Basis nicht bestimmen, wie diese Liste aussieht, wer oben steht, welches die Reihenfolge der Kandidaten ist? Der Vorteil: Parteiinterne Mauscheleien würden wegfallen. Müde, altgediente Schlachtrösser erhielten plötzlich keinen Ehrenplatz mehr. Wahrscheinlich würde ein frischer Wind wehen. Zugegeben: Es gibt auch Nachteile: Es bestünde die Gefahr eines Jekami, die ideologische Richtung einer Partei könnte verwässert werden, die Parteileitung würde das Heft aus der Hand geben, die Telekratie würde gefördert, das Auftreten wäre wichtiger als das Können. Aber ist es nicht schon heute so? Eine Diskussion um Primaries wäre auf jeden Fall sinnvoll. (Heiner Hug)