Alles hat seinen Preis. Bei einer Preisverleihung besteht er aus Pannen und Peinlichkeiten. Eine seltene Ausnahme von dieser Regel machte im Zürcher «Schiffbau» die Übergabe der Schweizer Filmpreise, der «Quartze». Das verdient wenigstens eine kleine Preisrede.
Die dritte Hand
Wer wann wo und warum auf die Idee verfiel, Diplome, Pokale, Kristallkugeln oder Zinnteller den Siegern nicht mit der Post auszuhändigen, sondern im Rahmen einer öffentlichen Feier, ist unbekannt. Sie oder er kann deshalb nicht verdientermassen schwer bestraft werden für das dem Publikum zugemutete Leiden der Ehrenden und Geehrten, die ungelenk auf der Bühne stehen, nervös mehr grinsen als lächeln, für die Trophäe, den Blumenstrauss und das Mikrofon eine dritte Hand suchen, um Worte ringen, die nach einem ungeschriebenen Gesetz locker und lustig sein müssen, und am Ende stolpernd rätseln, wer zuerst in welcher Richtung aus dem Rampenlicht entschwinden solle.
Im Reigen der Peinlichkeiten sind Pannen eine wahre und oft die einzige Freude. Ein zornig abgelehnter Preis, eine politische Brandrede oder den Anlass listig zur Selbstdarstellung nutzende Nacktflitzer verwandeln anstrengende Feiern mit geringem Aufwand und ungeplant in das, was sie sein wollten, in einen Event.
Berühmtes Original
Schuld an den hierzulande missglückten Preisverleihungen ist ausgerechnet das 1929 erfundene und seither perfektionierte Modell der Academy Awards.
Das berühmte Oscar-Original verleitet leicht zu Kopien. Doch Hollywood rächt sich. Was dort in den Genen liegt, bringen wir uns kaum in harter Ausbildung bei: die Inszenierung einer schillernden Show, den eleganten Schwung auf die Bühne, das pointierte Dankeswort, das Lächeln für eine Zahnpastareklame und das unbändige Vergnügen, aufgetakelt die Selbstverliebtheit zu demonstrieren.
Nein, das können wir nicht. Je eifriger wir an unserer Holzigkeit hobeln, desto verklemmter wirken wir. Halbglanz reicht uns als Glitzerwelt vollauf. Bescheidenheit ist eine Zier. Hollywood geht auch bodenständig. Dieser Irrtum führt bei unseren Feiern erbarmungslos Regie.
Glanzvolle Ausnahme von der Regel
Die ersten dreizehn Schweizer Filmpreis-Verleihungen waren dreizehn verschieden ausgeklügelte Fehlversuche, das Rad neu zu erfinden und auf Biegen und Brechen originell zu sein. Diese Erfahrung beschränkte die Erwartungen an die vierzehnte und erstmals in Zürich organisierte Ehrung auf ein die Enttäuschung vorwegnehmendes Minimum.
Zu Unrecht und zur Überraschung aller. Dem Bundesamt für Kultur gelang ein sympathischer, stilvoller und heiterer Abend ohne Event-, dafür mit Erlebnischarakter. Es wurde nichts kopiert, sondern Eigenständiges entwickelt, ausgehend von der simplen und richtigen Frage, welche Grundfunktion eine Preisverleihung erfüllt, nämlich Herausragende vor Publikum würdig und mit ansteckender Freude zu ehren. Dafür braucht es ein schlichtes, aber luminöses Design, eine grosse, aber stolperfrei gebaute Bühne, eine festliche, aber einfache Dramaturgie. Und die mit Maria Victoria Haas engagierte Moderatorin, die präzis, die Gäste sanft steuernd, viersprachig ohne Langfädigkeit und frei von Eitelkeit ihren Dienst souverän versah.
Der Anlass bestand seine Probe auch im heiklen Moment, als verstorbener Filmschaffender gedacht wurde. Das die Fröhlichkeit unterbrechende Gedenken in der Stille hätte sich harmonischer nicht ins Ganze fügen können.
Zwei Wünsche
Das Lob wird durch zwei Wünsche keineswegs geschmälert: dass die Ausgezeichneten den Leerausgegangenen nicht komisch berührend Trost spenden; dass die ehrenden Dekorationsobjekte als Reverenz ans Schweizer Spitzendesign schöner gestaltet werden.
Klar ist jedoch: Der Quartz als Veranstaltung hat den Oscar sehr wohl verdient.