Erstaunlich allerdings, dass der Besucherandrang im Unterschied zu andern Pavillions, u.a. auch dem schweizerischen, nicht gerade gross ist. Vielleicht hat sich herumgesprochen, dass in der Demokratischen Volksrepublik Korea nicht alles so rund läuft wie in der Propaganda.
Übernimmt Nordkorea Teile der chinesischen Wirtschaftsreform?
Im Gegenteil. Das rohstoffreiche Land mit einer gut gebildeten und ausgebildeten Bevölkerung nagt buchstäblich am Hungertuch und gehört heute zu einem der ärmsten Länder auf der Welt. Ohne Nahrungshilfe aus dem Ausland und zumal aus Südkorea wäre die Lage noch schlimmer. Dass der „Geliebte Führer“ Kim Jong-il im März und August China besucht hat, deuten viele Nordkorea-Experten als Zeichen dafür, dass Teile der chinesischen Wirtschaftsreform übernommen werden könnten.
China hat es ja geschafft, gleichzeitig mit der Wirtschaftsreform das politische System zu erhalten. Doch Kim, kranker und mittlerweile 68 Jahre alter Sohn des 1994 verstorbenen „Präsidenten auf Ewigkeit“ Kim Il-sung, war schon oft in China - ohne dass sich nachher etwas geändert hätte.
Über 100 Prozent Zustimmung
Nun kann fast jeder sich Nordkorea-Experte nennen, denn niemand ausserhalb des hermetisch abgeschlossenen Reiches weiss, was wirklich vor sich geht. Ich habe in den letzten 25 Jahren Nordkorea verschiedentlich besucht, ohne wirklich klüger zu werden. Gerade jetzt ist wieder Hochsaison fuer die Pundits.
Mit lauten Fanfaren und markigen Propaganda-Sprüchen wird ein grosses Powwow der nordkoreanischen Kommunisten in der Hauptstadt Pjoengjang durchgefuehrt. Es ist nicht, wie oft zu lesen ist, ein Parteitag, sondern eine Parteikonferenz, die im leninistischen Organisationsgefüge etwas tiefer eingestuft ist. Doch die Differenz ist minimal, zumal in Nordkorea bei Abstimmungen erstaunlicherweise hin und wieder sogar die 100%-Marke übertroffen wird.
In Bern Privatschule besucht
Es geht, glaubt man den Experten, um die Nachfolge. Der „Geliebte Führer“ Kim Jong-il will seinen jüngsten Sohn Kim Jong-un, als nächsten obersten Führer vom Plenum der Koreanischen Arbeiterpartei absegnen lassen. Je nach Experte ist der junge Kim 28,29 oder 30 Jahre alt und soll in seinen Jugendjahren in Bern eine internationale Privatschule besucht haben.
Wie immer bei solchen Konferenzen wird das Resultat, wenn überhaupt, erst am Ende mit lauten Propaganda-Fanfaren kommuniziert werden.
Erschwerend kommt die Atomfrage hinzu. Seit über einem Jahr sind die sogenannten Sechser-Gespräche (Nord- und Südkorea, Japan, China, Russland und die USA) in Peking aufs Eis gelegt. Jetzt sollen sie reaktiviert werden.
Viel bekommen, nichts gegeben
Doch Kim Jong-il wird sich wie seit Jahr und Tag hüten, sein grösstes Pfand, die A-Bombe, aus der Hand zu geben. Solange das alle, vor allem die USA glauben, kann Kim die Pekinger Gespraeche ad infinitum herauszoegern. Genau das, was er bisher immer mit Erfolg getan hat. Er stellt diesmal wie immer Vorbedingungen: Aufhebung der Finanzsanktionen. Kim weiss, dass er schon früher erfolgreich jeweils viel gefordert und bekommen hat - und wenig bis gar nichts im Verhandlungspoker zurückgegeben hat.
Pjoengjang beschuldigt zwar stets in rüden Worten die USA, Südkorea, die USA, Gott und die Welt, sie arbeiteten hin auf einen wirtschaftlichen und politischen Kollaps Nordkoreas. Kim Jong-il weiss aber, dass keiner dieser Staaten einen plötzlichen Infarkt des Regimes wirklich will oder wissentlich in Kauf nimmt und es sich auch wirtschaftlich, sozial und politisch leisten könnte.
So versucht nun Kim Jong-il mit vielen Trumpf-Karten in der Hand - wie einst vor Jahrzehnten sein legendaerer Vater - seine Nachfolge zu regeln. Wer weiss, ein Berndeutsch konversierender Erbprinz gar. Schöne Aussichten.
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