Die am 18. August begonnenen und bis am 1. September dauernden "Jardins Musicaux" werden seit nunmehr sechzehn Jahren immer resonanzkräftiger. Das ist ohnehin erfreulich und zusätzlich deswegen, weil die Gründer der sommerlichen Veranstaltung, Maryse Fuhrmann und Valentin Reymond, der künstlerische Leiter, eigenwillig sämtliche Regeln, die uns Kulturmanager aus ihren Elfenbeintürmen als eisern aufzwingen wollen, in den Wind schlagen.
Con brio
Die Konzerte finden weitab städtischer Zentren zwischen La Chaux-de-Fonds und Neuenburg statt. Orchester und Solisten sind einem grösseren Publikum wenig geläufig. Gespielt werden Werke ausserhalb des Rituals für in Treue ergraute Abonnenten. Ohrwürmer haben Hausverbot. Eintrittskarten kosten wenig.
Es gibt keine Events. Nur Musik. Nichts als sperrige, aussergewöhnliche, selten gehörte Musik. Aber mit ansteckender Freude hervorragend interpretiert. Das Publikum würdigt das dem Stromlinien-Marketing trotzende Konzept mit ermutigender Nachfrage, versunkenem Zuhören und herzlichem Beifall. Es zahlt sich aus, metropolitane Grossvorlagen nicht zu kopieren und provinziell auf A 6 zu verkleinern, sondern der Stärke der eigenen Phantasie zu vertrauen und diese selbstbewusst auszuleben. Das gelingt, wenn sich wie in Cernier fachliche Kompetenz und feu sacré verbinden.
Marcato
"Les Jardins Musicaux" mit 45 Aufführungen im "Parc régional Chasseral", in der "Saline royale d'Arc et Senans", der "Cinémathèque suisse" und mehrheitlich in der "Grange aux Concerts" in Cernier sind der Qualität und der Unkonventionalität verpflichtet. Sie haben sich aus angeblich unverrückbaren Normen gelöst und suchen ihre eigenen Wege zur Musik und von dort zum Publikum. Den schmalen Grat zwischen der Originalität auf Teufel komm raus und dem verschwurbelten Experiment meistert das Programm stilsicher, ideenreich und beglückend überraschend.
"Les Jardins Musicaux" sind als ernsthaftes Stück beflügelt komponiert. Bekanntes wird neu aufbereitet. Zum Beispiel "Le Songe d'une Nuit d'Eté" von Isaac Albéniz in einer Orchestrierung von Guy Bovet für einen kleinen Klangkörper und für Chöre, die über ihre Grenzen hinaus wachsen und mitsingen wollten. Der frische, jugendliche Geist in "Le Boeuf sur le Toit" von Darius Milhaud wird betont mit der Aufführung durch das "Orchestre des Jeunes du Conservatoire Neuchâtelois". Hanspeter Kyburz und Dieter Ammann sind zwei jüngere Komponisten, denen in der "Grange aux Concerts" Gastrecht eingeräumt wird.
Im Dienst am Anspruchsvollen gestatten sich "Les Jardins Musicaux" eine einzige Konzession: Die Konzerte fordern dem Publikum die Konzentration nicht länger als während einer knappen oder guten Stunde ab.
Maestoso
Einen das Programm charakterisierenden Hörgenuss bot das "Mercury Quartet" mit Vlad Maistorovici, Violine, Corentin Chassard, Cello, Antoine Francoise, Piano, und Harry Cameron-Penny, Klarinette. Sie arrangierten Stücke der legendären Band "Queen" und schlugen einen fulminanten Bogen vom Rock zur Klassik.
Von der Klassik zum Jazz und wechselnd dazwischen bewies der US-amerikanische Pianist John Medeski seine Kunst der Improvisation, die vom Publikum an Aufmerksamkeit alles verlangte - und begeisterte.
"Les Jardins Musicaux" laden im nächsten August wieder dazu ein, sich in der Romandie kulturell packen zu lassen.