Multimilliarden-Boni für 2010 verteilt, der Aktienkurs im Keller, weder Dividenden noch Steuern bezahlt, Zielsetzungen verfehlt. Eigentlich Business as usual für eine moderne Grossbank wie die UBS. Dazu drohen noch Multimillionenzahlungen für Altlasten aus der Vergangenheit und Massenentlassungen. Wie bei der CS. Selbst die nicht gerade als bankenfeindlich bekannte NZZ bilanziert: «Der Kapitalismus kann sich ad absurdum führen. Dann etwa, wenn Banker ihre Geldgeber schleichend enteignen. Niemand macht das konsequenter als Credit Suisse und UBS.» Denn die Mitarbeiter der beiden Grossbanken kassieren rund 50 Prozent aller Erträge. Aber das ist ja nur die Spitze des Eisbergs.
1. Problem
Die Schweiz erlebte seit dem Zweiten Weltkrieg keine grössere Bedrohung als durch die während der Finanzkrise am Rande des Abgrunds stehende UBS. Die Bankkrise musste durch eine Multimilliarden-Staatshilfe eingedämmt werden, gefolgt von einer Krise des Rechtsstaats im Zusammenhang mit der Auslieferung von Kundendaten an die USA. Was die UBS hinter sich hat, scheint die Credit Suisse noch vor sich zu haben. Zudem drohen beiden Banken in Sachen Beihilfe zur Steuerhinterziehung Multimilliarden-Forderungen von weiteren Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien, usw.
2. Problem
Sowohl UBS wie CS sind darüber hinaus in Rechtshändel wegen des Verkaufs von undurchsichtigen Derivaten an Pensionskassen, lokale Behörden oder inzwischen verstaatlichte Banken verwickelt. So reichte die US-Baufinanzierungsbehörde FHFA dieser Tage eine 900-Millionen-Klage gegen die UBS ein, der Nachlassverwalter von Madoff fordert über eine Milliarde zurück. Die CS ist mit Milliarden-Klagen im Zusammenhang mit Ferienressorts konfrontiert und zahlte gerade eine Entschädigung von 356 Millionen Dollar wegen ARS-Anleihen (Auction Rated Securities), einem Gebastel aus der Finanzkrise. Natürlich ist eine Klage schneller eingereicht als gewonnen, aber die jüngste Vergangenheit ist voller solcher Tretminen.
3. Problem
Wie die gerade veröffentlichten Zahlen für das zweite Quartal 2011 belegen, ist das Investmentbanking, der Gewinngenerator für beide Banken, höchst volatil, geht schneller als ein Fahrstuhl rauf und runter. Schlimmer noch: Unter dem Strich sind weder das Investmentbanking (IB) noch die Vermögensverwaltung der beiden Grossbanken in den USA profitabel. Die UBS verlor im IB von 2006 bis Ende 2010 sagenhafte 44,8 Milliarden Dollar, zahlte aber an die beteiligten Banker 34 Milliarden Dollar an Boni und Honoraren. Die CS-Investmentbank machte im gleichen Zeitraum immerhin einen Gewinn von 4,2 Milliarden, zahlte dafür aber 37 Milliarden aus. Ein absurdes Verlustgeschäft, an dem beide Banken aber unbeirrt festhalten.
Grosses Zusatz-Problem
Es ist bekannt und üblich, dass im Ausland anfallende Verluste dort vorgetragen und gegen künftige Steuern verrechnet werden. Und anschliessend legal in die Schweiz verlagert und gegen allfällige Gewinne hier abgesetzt werden, z. B. als Beteiligungsverlust. Das gilt dann auch für ausländische Gewinne, die aber in der Schweiz nur lächerlich niedrig nochmals besteuert werden. Noch schlimmer: Bei der heutigen Aufstellung der beiden Grossbanken fallen allfällige Gewinne im Ausland an und werden in erster Linie dort versteuert. Falls aber eine Tochtergesellschaft im Ausland hops geht, muss sie von der Mutter in der Schweiz gerettet werden. Das bedeutet: Gewinne und Steuern fürs Ausland, Verluste und Risiken für die Schweiz.
4. Problem
Nochmals: Sowohl Verluste wie Probleme tauchen im Ausland auf, vor allem in den USA, die Folgen davon müssen aber am Hauptsitz der beiden Banken in der Schweiz ausgebadet werden. Nicht nur finanziell, auch politisch. Beide Banken zusammen drehen ein Bilanzrad von 2,3 Billionen Franken, fast das Fünffache des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP). Als Radnabe figuriert ein Eigenkapital beider Banken von knapp 100 Milliarden. Das gibt eine Ahnung, was der Schweiz passieren kann, wenn dieses Rad wieder entgleist. Und die kumulierte US- und Euroraum-Krise lässt da Übles ahnen.
5. Problem
Weder UBS noch CS sind im Grunde genommen Schweizer Banken. Von ihren insgesamt 116 700 Angestellten (vor der angekündigten Entlassungswelle) arbeiten lediglich knapp 45 000 in der Schweiz, ein Grossteil der (allfälligen) Gewinne fällt im Ausland an. Während die beiden Banken wegen roter Zahlen durch die Finanzkrise in der Schweiz keine Steuern zahlten oder zahlen. Die UBS gar bis mindestens 2014 nicht, «dank» Verlustvorträgen von über 30 Milliarden Franken. Ebenfalls kostenfrei können sie vom Image «traditionelle Schweizer Bank mit Sitz im stabilsten Land der Welt» profitieren, obwohl sie das weder vom Geschäft noch von der Führung her sind. Von den Bossen abwärts sind die meisten Mitglieder der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats Manager aus allen Herren Länder, die sehen «Swiss» nur als nettes Asset, als Marketing-Instrument. Und den Schweizer Staat als willigen Helfer, den man im Notfall mit «too big to fail» zu allen Schandtaten zwingen kann.
6. Problem
Beide Grossbanken haben offensichtlich nichts aus der Vergangenheit gelernt und wollen unbeirrt ihr gescheitertes und brandgefährliches Geschäftsmodell fortsetzen. Da sieht selbst die NZZ schwarz: «Angefangen bei höheren Kapitalkosten über die massive Zunahme an gesetzlichen Auflagen bis hin zum Abschied vom «Geschäftsmodell Steuerhinterziehung»: Viele Faktoren deuten darauf hin, dass die beiden Grossbanken nie wieder so profitabel arbeiten können wie vor der Krise.» Also ist selbst im besten aller Fälle nicht mit nochmals fröhlich sprudelnden Gewinnen mit entsprechenden Steuereinnahmen für den Schweizer Staat zu rechnen.
7. Problem
Der gesamte Finanzsektor in der Schweiz trägt etwas mehr als 10 Prozent zum BIP bei. Wenn UBS und CS spurlos verschwinden würden, sänke dieser Anteil auf vielleicht 5 Prozent, und es gäbe im Extremfall 45.000 arbeitslose Banker. Die dadurch entstehenden Folgekosten sind allerdings ins Verhältnis zum Risiko zu setzen, das die beiden Grossbanken erwiesenermassen für die gesamte Schweiz darstellen. Da ist dann ein Ende mit (kleinem) Schrecken einem (grossen) Schrecken ohne Ende bei weitem vorzuziehen. Wenn man nicht einfach darauf warten will, wann die Eidgenossenschaft das nächste Mal in ihren Grundfesten erschüttert wird.
8. Die Lösung aller Probleme
Ob man es wie Oswald Grübel Weggang, ob man es Abspaltung des Auslandsgeschäfts, ob man es Abschied vom globalen Universalbankprinzip, ob man es Rückbesinnung auf die alten Werte, ob man es sichere Vermögensverwaltung ohne Beihilfe zur Steuerhinterziehung nennen will: Das Verschwinden der beiden Grossbanken brächte der Schweiz unter dem Strich nur Vorteile. Denken wir nur an den gigantischen Image- und Wettbewerbsvorteil, dass in der Schweiz nur Banken existieren, die nicht, wie sonst überall alle, in hochriskante Zockergeschäfte verwickelt sind, keinen Rechtshändeln ausgesetzt, von der Führung bis zum Geschäftsmodell die alten Schweizer Tugenden (und halt die Untugenden) verkörpern. Damit könnte man sich hierzulande dumm und dämlich verdienen. Ohne Systemrisiko für die gesamte Eidgenossenschaft. Ohne dass Schäden, Krisen, Katastrophen in den globalen Geldkreisläufen auf den Finanzplatz Schweiz direkt durchschlagen würden. Eigentlich ein sinnvoller, naheliegender und einfacher Plan. Daher leider wohl unverwirklichbar.