Der Europäische Gewerkschaftsbund hatte den Mittwoch zu einem Solidaritätstag gegen die "Sparpolitik" in den EU-Ländern erklärt. Streiks und Manifestationen haben in den vorwiegend südlichen Krisen-Staaten - freundlicherweise im Brüsseler Jargon PIGS geheissen - stattgefunden. Es gab in Spanien, Portugal, Griechenland und Italien gewalttätige Zusammenstösse zwischen der Polizei und Demonstranten. Man wird sich leider an diese Bilder gewöhnen müssen. Auch daran, dass nicht nur Anarchisten und Gewerkschaftler gegen Regierungen - egal ob konservative oder sozialistische - schreien. Und dass immer mehr das anonyme "Brüssel" als Sündenbock herhalten muss. Vielmehr ist es jetzt auch der seit Längerem verarmende Mittelstand, der auf die Strasse geht - die Stütze einer Demokratie. Das sind auch Pensionierte und arbeitssuchende Jugendliche, die ohne Demagogie protestieren. Das müsste langsam zu denken geben. Angeklagt wurde die Austeritätspolitik, die sowohl die öffentlichen wie die privaten Finanzen austrocknet. Am Pranger steht auch eine unmoralische und unsoziale Hochfinanz, die einseitig von der Globalisierung profitiert, ohne Steuern zu bezahlen. Chinesen kaufen den Hafen von Piräus, angolanische Erdölmagnaten investieren in ihrer darbenden früheren Kolonialmacht Portugal, die Golfstaaten haben noch das bisschen britische Industrie oder - nach den Pariser Luxushotels - einen französischen Fussballklub gekauft. Ein Hauch von europäischem Untergang weht. Etwas mehr Pädagogik ist dringend gefragt. (Ulrich Meister, Paris)