Felix Báez Sarría ist also heil nach Kuba zurückgekehrt. Der kubanische Arzt, der sich bei seinem Einsatz in Sierra Leone mit dem Ebola-Virus infiziert hatte, wurde im Genfer Universitäts-Spital offenbar erfolgreich mit einem Medikament behandelt, welches noch in der Experimentalphase ist.
Die Nachricht wurde gestern allgemein vermeldet ohne weitere Kommentare. Verstummt sind momentan die hämischen Gerüchte und böswilligen Andeutungen, die die kubanische Mission in Afrika von Anfang an begleiteten.
Als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im August auf einer Krisensitzung einen geradezu verzweifelten Hilferuf an die Welt richtete, medizinisches Personal zur Bekämpfung der Seuche zu entsenden, war Kuba das erste Land, das dem Aufruf Folge leistete. Kuba schickte Ärzte und Ärztinnen, Pfleger und Pflegerinnen, - so wie es seit Jahrzehnten in den ärmsten afrikanischen Ländern medizinische Hilfe leistet. Seit Oktober sind 256 Kubaner und Kubanerinnen in Sierra Leone, Liberia und Guinea im Einsatz. Die WHO bedankte sich für die schnelle Hilfe des „grössten ausländischen Sanitäter-Teams“, und US-Aussenminister Kerry lobte das kubanische Engagement.
Diffamierung
Seit dem ersten Tag dieses Engagements suchten die Unerbittlichen unter den Castro-Gegnern nach einer Möglichkeit, den Einsatz zu diffamieren. Online-Zeitungen wie „Diario de Cuba“ lancierten die Erzählung, die Ärzte hätten ein Formular unterzeichnen müssen, welches besagte, sie hätten im Fall einer Ebola-Erkrankung kein Recht auf Rückkehr in die Heimat. Als Beweis wurde der Arzt José Luis Di Fabio zitiert. Der WHO-Vertreter in Havanna habe - so hiess es - gegenüber CNN gesagt, die Kubaner könnten nicht nach Kuba zurückkehren, wenn sie sich infizierten. Der Tenor war klar. Es galt einmal mehr zu demonstrieren, wie die Castro-Brüder ihre Leute verheizen. Das kommunistische Regime schickt seine Ärzte in ein Seuchengebiet mit der Devise: Wir machen politische Propaganda mit euch, aber wenn ihr euch infiziert, könnt ihr irgendwo sterben, nur nicht in Kuba.
Da wurden die Fakten - und die Erklärungen von Di Fabio - auf raffinierte und infame Weise verdreht. Denn selbstverständlich hatte die Weltgesundheitsorganisation Kuba und allen anderen beteiligten Ländern angeboten, für ihr Einsatzpersonal im Fall einer Infektion die bestmöglich Spitalbehandlung zu suchen, sie also schnellstmöglich dort zu behandeln, wo sie die besten Aussichten auf Heilung hätten. Im Fall von Felix Báez Sarría war das Uni-Spital Genf bereit, den Patienten zu übernehmen. Auf Kosten der Uno-Behörde. Und weil Kuba nicht die medizinischen Möglichkeiten einer Ebola-Behandlung hat.
Reisserischer Titel
Erstaunlich ist, wie ein grosser Teil der westlichen Presse die manipulierte Version der Dinge übernahm und verbreitete. Der Zürcher Tages-Anzeiger titelte „Landesverweis wegen Ebola“, konnte aber für diesen reisserischen Titel weder eine Bestätigung der WHO in Genf noch von kubanischer Seite vorweisen. Dagegen kommt der wahre Sachverhalt dort zum Vorschein, wo drei kubanische Ärzte zitiert werden, die dem Castro-feindlichen Medium „Martínoticias“ sagen, „Kuba sei für einen möglichen Ausbruch von Ebola nicht vorbereitet. Weder gebe es genügend Medikamente, noch hätten Ärzte genügend Wissen“ (TA 22.11.2014). Die NZZ war mit dem Titel „Kubas Ebola-Offensive“ um mehr Ausgewogenheit bemüht. Korrespondent Peter Gaupp würdigte den Einsatz von derzeit „51‘700 Kubanern in 66 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas“. Gleichzeitig stellte er fest, die kubanische Regierung verdiene „mit dem Export von Gesundheitspersonal Milliarden von Dollar“. (NZZ 17.9.2014)
Dass die bürgerliche Presse in der Schweiz es sich nicht erlauben darf, für einmal eine positive Meldung von der kleinen kommunistischen Karibikinsel zu bringen, ohne wenigstens ein Haar in der Suppe zu suchen, ist ja verständlich. Psychologisch interessanter ist der Übereifer mancher „linker“ Medien, wenn es darum geht, sich von den Sünden kommunistischer Häresie reinzuwaschen. Hervorgetan im Kuba-Bashing hatte sich schon Ende Oktober die alternative Tageszeitung „taz“ in Berlin. Das Blatt, welches sich in den achtziger Jahren mit der Spenden-Aktion „Waffen für El Salvador“ als linksradikales Sprachrohr lateinamerikanischer Guerrillas profilierte, stellte am 23. Oktober den Titel „Einsatz ohne Rückkehrrecht“ in seine online-Ausgabe. Als Quelle wird „Diario de Cuba“ genannt. Man hatte also offenbar die oben beschriebenen manipulierten Informationen übernommen, ohne sie im Geringsten nachzuprüfen.
Absurdes Embargo
Kuba leistet seit Jahrzehnten Hilfseinsätze in den ärmsten afrikanischen Ländern ohne jede Gegenleistung. Kuba gehört stets zu den ersten Ländern, die Ärzte und Pflegerinnen schicken, wenn arme Länder in Not sind, wie es zum Beispiel 1998 der Fall war, als die karibischen Nachbar-Länder von den Wirbelstürmen Mitch und Georges verwüstet wurden.
Selbstverständlich wird Kuba für den Einsatz von tausenden von Ärzten in Brasilien oder Venezuela bezahlt, venezolanisches Erdöl ist für die Karibikinsel überlebenswichtig. Kuba ist seit einem halben Jahrhundert einem Wirtschaftsembargo der USA unterworfen, welches von den Vereinten Nationen mit überwältigender Mehrheit verurteilt wird. Selbst viele amerikanische Wirtschaftsexperten beurteilen dieses Embargo seit langem als absurd und kontraproduktiv, weil es zum einen dem Image der USA und den Interessen der amerikanischen Exportwirtschaft schade, zum andern der kubanischen Regierung immer wieder erlaube, alle Probleme, also auch hausgemachte Probleme der zentralen Verwaltungswirtschaft, als Folgen des Embargos zu etikettieren.
Grosse Show der Nächstenliebe
Der Kalte Krieg geht offenbar nie zu Ende. Zumindest in den Köpfen. Für viele unserer Journalisten scheint es schwer vorstellbar, dass es Kubaner und Kubanerinnen gibt, die in arme Länder gehen, um zu helfen, weil Solidarität für sie kein leeres Wort ist. Ich habe kubanische Lehrerinnen und Ärzte gesehen, die in den entlegendsten Dörfern von Nicaragua arbeiteten. Unter Bedingungen der Armut und der Entbehrungen, wie sie westliche Entwicklungshelfer nicht kennen.
Ich habe selbst eine Zeit lang in einer medizinischen Hilfsorganisation gearbeitet, dabei zahlreiche Entwicklungsarbeiter in der sogenannten Dritten Welt kennengelernt und bin mit einigen seit langem befreundet: viele leben in einem Haus mit Garten, haben ein Motorrad und einen Geländewagen. Was man halt so braucht für Einsätze im Campo. Das mag ja alles recht und gut sein, nur soll keiner kommen und beim Ebola-Einsatz der Kubaner in Afrika von „Milliardengeschäften“ schwadronieren.
Der Westen versäumt keine Gelegenheit, seine humanitäre Hilfe und seine Entwicklungsarbeit als grosse Show der Nächstenliebe zu zelebrieren, obwohl diese Hilfe oft nicht mehr und nicht weniger ist als direkte Exportförderung für die einheimische Industrie.
Seite an Seite mit den Kubanern
Selbst der CNN-Reporter in Havanna kam nicht umhin zu betonen, dass das kleine und um seine Existenz kämpfende Kuba als erstes Land der Welt Helfer nach Westafrika schickt. Die Kunde scheint sogar bis ins Weisse Haus gelangt zu sein. Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power besuchte Ende Oktober die von Ebola befallenen Länder und sagte anschliessend auf einer Pressekonferenz: „Ich habe sie zwar nicht persönlich getroffen, aber ich finde es dankenswert, dass Kuba so schnell Ärzte schickt.“ Man arbeite dort „Seite an Seite, Amerikaner, Europäer und Kubaner in ihren Schutzanzügen im Zwei-Stunden-Takt, denn länger hält das in der erdrückenden Hitze niemand aus.“