«Foreign Account Tax Compliance Act» (FATCA) heisst das Schnüffelmonster, das im März 2010 als Wurmfortsatz eines anderen Gesetzes das Licht der Welt erblickte. Naivlinge meinen bis heute, damit wollten die USA Steuerhinterziehung bekämpfen.
Die Kontrollkrake
FATCA bedeutet, dass jeder Besitzer eines US-Passes, auch Doppelbürger, jeder Besitzer einer Green Card, der Niederlassungsbewilligung, jeder, der jemals in den USA gearbeitet hat, dort eine Erbschaft macht, jeder, der mit US-Papieren handelt, nach US-Gesetzen steuerpflichtig ist. Weltweit, unabhängig von lokalen Steuerregeln, bei denen im besten Fall ein Doppelbesteuerungsabkommen zum Tragen kommt.
FATCA bedeutet darüber hinaus, dass jedes Finanzinstitut der Welt, das in Dollar handelt, und wer tut das nicht, für sich selbst und für alle seine Kunden dem US-Steueramt IRS Rechenschaft ablegen muss. Für jeden Verstoss gegen das momentan auf rund 600 Seiten in unverständlichem Juristenenglisch abgefasste Monsterwerk gebüsst, bestraft, durch Ausschluss vom Dollarclearing zum Tode verurteilt werden kann.
Die Umsetzung dieses Wahnsinns kostet das weltweite Bankensystem mit seinen rund 230'000 Banken einen zweistelligen Milliardenbetrag, das US-Parlament schätzt, dass sich seine Erträge jährlich im niedrig einstelligen Bereich bewegen werden. Wer nicht «freiwillig» mitmacht, muss bei fast allen Dollargeschäften eine Quellensteuer von 30 Prozent einbehalten, ist also faktisch nicht mehr konkurrenzfähig. Deshalb unterwarfen sich bereits weltweit 77'000 Banken «freiwillig», verkündete das US-Finanzministerium soeben stolz.
Die Schweiz natürlich auch
Offenbar ermattet durch den erfolgreichen Widerstand gegen die Lex USA im letzten Jahr, winkte das Schweizer Parlament im Anschluss seine Zustimmung zu FATCA durch. Aber es wäre ja keine eidgenössische Lösung, wenn sie nicht besonders jämmerlich wäre. Denn man verzichtete ausdrücklich auf Reziprozität, also Schweizer Banken müssen alle gewünschten Informationen liefern, umgekehrt gilt das nicht. Der Bundesrat in einer unendlichen Weisheit wollte keine Reziprozität, weil die auf einen Automatischen Informationsaustausch (AIA) hinauslaufe. Und den wollte man damals niemals akzeptieren. Im Gegensatz zu heute.
Zudem wurde die Zustimmung zu FATCA dem Parlament mit dem Argument schmackhaft gemacht, dass das ein notwendiges und positives Signal sei, das die USA bei der Lösung des Steuerstreits milde stimmen würde. Auch das hat super funktioniert, wie man am Fall Credit Suisse sehen kann. Für Multimillionen muss nun der Finanzplatz Schweiz FATCA umsetzen. Und jeder Chefbuchhalter, modern CFO, darf einmal im Jahr schwitzen, wenn er mit seiner Unterschrift bestätigt, dass sein Finanzhaus alle teilweise unklaren Regeln von FATCA perfekt und makellos umgesetzt hat. Wenn er Pech hat, ereilt ihn dann ein Schreiben, dass er persönlich und seine Klein- oder Grossbank wegen Verstoss gegen die Ausführungszusatzbestimmungen 12/C/97, Seiten 415 bis 521, angeklagt wurde und er sich innert zehn Tagen vor dem Bezirksgericht New York einzufinden habe. Aber es soll ja auch US-Knäste geben, die man überlebt.
Die Macht des Dollar
Hinter FATCA steht nicht der Wunsch der USA, an allenfalls von 6 Millionen im Ausland lebenden Amis versteckte Schwarzgelder heranzukommen. Hinter FATCA steht nicht der Wunsch, gegen im grossen Stil steueroptimierende Multis vorzugehen, denn die betrifft das Gesetz gar nicht. Hinter FATCA steht einzig und alleine das Bedürfnis der momentan grössten Militärmacht der Welt, auch nichtmilitärisch Kontrolle auszuüben.
Gegen den grossen Feind Terrorismus können die USA mit Drohnen, Killerkommandos und gelegentlichen Einmärschen vorgehen. Aber viel wichtiger für die Weltherrschaft einer wirtschaftlich niedergehenden Grossmacht ist die Anwendung der Weltwährung Dollar. Solange selbst Putin seine finanziellen Streitigkeiten über Gaslieferungen an die Ukraine in Dollar abhandeln muss, haben die USA hier eine Waffe, die unschlagbar ist.
Das Ende des Dollar
Diese Waffe bleibt aber nur solange scharf, wie der Dollar die einzig ernstzunehmende Weltwährung bleibt. Saddam Husseins tödlichster Fehler war bekanntlich nicht der Einmarsch in Kuweit oder der Terror gegen seine Bevölkerung. Sondern seine Absicht, Ölverkäufe statt in Dollar in Euro abzuwickeln. Aber inzwischen ist der Euro nicht nur als alternative Weltwährung gescheitert.
Aber da gibt es ja noch die inzwischen grösste Volkswirtschaft der Welt, China. Deren Währung ist bislang nicht frei konvertibel. Aber wenn das geschieht, und es wird bald geschehen, dann haben die USA ein grobes, ein sehr grobes Problem. Das Problem eines zusammenbrechenden Monopols. Erweitert sich das nur zum Duopol, gibt es eine Alternative zum Dollar. Und wenn es eine Alternative gibt, wird das Herrschaftsinstrument stumpf. Da ist es wohl keine Überraschung, dass China FATCA bislang nicht unterzeichnet hat. Im Gegensatz zur Schweiz.