Geben wir’s doch offen zu: Euro, Griechenland, Zypern, Portugal, Spanien, Italien, Krise. Eines dieser sieben Wörter reicht schon aus, damit wir die Augen nach oben rollen. Einen Gähnreflex unterdrücken müssen. Spontan denken: Ach nein, nicht schon wieder, wie wird eigentlich das Wetter morgen, was gibt’s heute zu essen? Darin äussert sich die Macht des Faktischen, die Kraft eines Tankers, der einfach weiter seinen Weg durch die Wellen pflügt. Schäuble mahnt Portugal, die italienische Regierung ist überzeugt, der EU-Gruppenchef meint, eine Wirtschaftskoryphäe schlägt vor, ein Kritiker analysiert und diagnostiziert – was soll’s. Ursache und Wirkung, zweckrationale Argumentation, Fehler, Irrtum, Korrektur. Verantwortlichkeit, Wahrheit und Anstand, Regieren als Versuch, das Beste für möglichst viele zu organisieren. Der aufklärerische Glaube an die Macht der Vernunft, an den Diskurs, daran, dass Einsicht doch Folgen haben müsste. Vielleicht ist es an der Zeit, auch hier Kassensturz zu machen. Einzusehen, dass man all diese Begrifflichkeiten über Bord des Tankers werfen kann. Und sich darüber freuen, dass wir wenigstens in Kerneuropa seit 1945 von flächendeckender Gefährdung an Leib und Leben verschont blieben. Immerhin in Portugal, Spanien und Griechenland keine blutrünstigen Diktatoren mehr regieren. Na ja, Jugoslawien hatte weniger Glück, dafür erwarben ein paar osteuropäische Staaten mehr Freiheitsgrade. Und gute Zeiten dauern bekanntlich nicht ewig. Also was soll’s. (René Zeyer)