Die Politik hat bereits ihres Amtes gewaltet und die Abstimmung über die Minder-Initiative über Jahre hinausgestündelt. Und ihr zur Verwirrung des Stimmbürgers auch noch einen indirekten Gegenvorschlag mitgegeben. Aber bei einem so mächtigen und populären Anliegen wie der Beschneidung der frechen Selbstbedienungsmentalität von leitenden Angestellten in Aktiengesellschaften muss die Gegnerschaft zu allen Mitteln greifen. Eines heisst Professor Peter V. Kunz.
Der Selbstvermarkter
Ein Finanzthema, eine Kamera oder ein Mikrophon, da ist Bankenbüttel Kunz nicht weit. Nun hat sich der Dachverband des Schweizer Wirtschaftsfilzes seiner bezahlten Dienste versichert. Denn es kommt doch immer gut, wenn ein Professor für Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung seine hochgelehrte und streng wissenschaftliche Fachmeinung äussert.
Also untersuchte Professor Kunz im Auftrag der Economiesuisse die möglichen Auswirkungen der Annahme der Abzocker-Initiative. «Diese Studie ist kein „Parteigutachten“», stellt der Akademiker gleich am Anfang klar, «obwohl Economiesuisse als Auftraggeberin fungierte.» Natürlich änderten die dafür bezahlten 80 000 Franken nichts daran, dass sich «der Unterzeichner als unabhängiger Wissenschaftler versteht». Der selbstverständlich in völliger Freiheit auch zum Ergebnis hätte kommen können, dass die Forderungen der Initiative grossartig sind und sie deshalb zur Annahme zu empfehlen sei. Kam Professor Kunz aber, so ein Zufall doch auch, nicht.
«Irrweg, Skurrilität, Isolierung»
Wer meint, dass sich Professoren einer wissenschaftlichen Sprache bedienen, ihre Worte behutsam setzen und Aussagen zudem mit vielen Einschränkungen und Vorbedingungen fast unverständlich machen, wird von Peter V. Kunz eines Schlechteren belehrt. Die Initiative sei ein «Irrweg», gar eine «Skurrilität», ihre «Annahme würde die Schweiz in die gesellschaftsrechtliche Isolation treiben». Zu diesen Ergebnissen kommt der «unabhängige Wissenschaftler» in seinem mit Literaturverzeichnis 89 Seiten umfassenden Machwerk. Dabei hat er natürlich nicht nur den Inhalt der Initiative untersucht, sondern ihre Forderungen auch mit ausländischen Rechtsräumen verglichen. Ganz unparteilich, versteht sich.
Passend gemacht
Für den Rechtsprofessor der Universität Bern gilt offensichtlich die goldene Handwerkerregel: Was nicht passt, wird passend gemacht. Deshalb stellt er fest, dass weder in Deutschland, noch in Österreich, der EU, Grossbritannien oder den USA vergleichbare aktienrechtliche Bestimmungen existieren. Das habe sein Vergleich mit «ausländischen Rechtskreisen» ergeben, wobei die Schweiz «zum Deutschen Rechtskreis sowie zur europäischen Rechtsfamilie gehört». Nicht dazu gehören aber, sozusagen als schwarze Schafe, die nordischen Länder, denn der «Skandinavische Rechtskreis stand und steht immer etwas im Abseits». Beziehungsweise muss nach der abseitigen Logik von Kunz ins Abseits gestellt werden. Denn dort, wie in rund 16 Ländern der Welt, existieren mit den Forderungen der Abzocker-Initiative durchaus vergleichbare Bestimmungen bereits. Aber deren Berücksichtigung hätte wohl nicht dem unabhängig-wissenschaftlichen Anspruch des Lohnschreibers Kunz entsprochen.
Leider legal
Es ist in der Schweiz bislang völlig legal, ohne Rücksicht auf die eigentlichen Eigentümer, die Aktionäre, sich als angestellter, haftungs- und verantwortungsfreier Firmenlenker völlig unabhängig von seiner Leistung zu bereichern. Es ist auch völlig legal, dass ein vom Staat angestellter und bezahlter Professor sich gegen Honorar dafür hergibt, ein Gefälligkeitsgutachten zu erstellen. Sowohl den Firmenlenkern wie auch diesem Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M. (Georgetown University Law Center) ist es dabei völlig egal, was für Auswirkungen das auf Image, Reputation oder öffentliches Ansehen hat. Es bleibt allerdings die Frage, ob das der Universität Bern völlig egal sein kann. Die Lehranstalt hat schliesslich ein gewisses Renommee.
Rausgeschmissenes Geld
Es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Abzockern und dem Lohnschreiber Kunz. Es ist rausgeschmissenes Geld, was in sie investiert wird. Denn obwohl Economiesuisse dieses «Gutachten» mit grossem Trara der Öffentlichkeit vorstellte, löste sie damit nur bescheidene Medienresonanz aus. Zu offensichtlich war, dass es sich hier um eine gekaufte Meinung handelte. Erschwerend kam noch hinzu, dass auf den 89 Seiten nichts von wissenschaftlichem Gewicht stand. Sondern nur meinungsgeschwängerte, heisse Luft waberte. Auch darin unterscheidet sich der Professor nicht von Abzockern. Wieso er für 80 000 Franken seinen ohnehin schon bescheidenen Ruf in Frage stellt, sich wohl auch endlich für die Medien als unabhängiger Fachmann gänzlich unmöglich gemacht hat, bleibt allerdings sein Geheimnis.