Der australisch-amerikanische Medienmogul Rupert Murdoch will seine bereits beträchtlichen Interessen in Produktion und Verbreitung von Printmedien (News Corporation), TV und Film (21st Century Fox) mit jenen der Time Warner Gruppe (u.a. Time Magazine, CNN, HBO, Warner Bros.) zusammenführen. Der erzkonservative Überzeugungstäter Murdoch würde damit zum wichtigsten Meinungsmacher und Geschmackszaren der Welt. Es fällt auch in die Verantwortung jedes Einzelnen, ihn und seine Klone anderswo aufzuhalten.
Einzigartiges Meinungs- und Geschmacksmonopol
Man stelle sich einmal vor, dass in der Schweiz die SRG und die wichtigsten Kabelnetze voll privatisiert und der Mediengruppe der Milliardäre Blocher und Tettamanti (Basler Zeitung, Weltwoche, Lokal-TV) angefügt würden. Die beiden könnten gleichzeitig auch noch die Ringier-Gruppe mit dem Flagschiffen Blick und Schweizer Illustrierte erwerben. Der Vergleich stimmt zwar auf der technischen Ebene nicht ganz, da in der Schweiz private TV-Monopole nicht möglich sind und es kein schweizerisches Hollywood gibt. Ein solch konservativer medialer Einheitsbrei in der Schweiz käme indes der Wirklichkeit auf der Ebene der global dominierenden englischsprachigen Informations- und Unterhaltungsindustrie nahe, wie sie nach einer solchen Übernahme aussehen würde.
Im amerikanischen Fernsehnetzwerk Fox-TV, weltweit verbreitet und vernetzt (Sky), aber auch in den ehemaligen Weltblättern Times of London und Wall Street Journal, demonstriert Murdoch seit Jahren die zwei Kriterien, welche für ihn beim Betrieb von Medien allein zählen. Erstens muss deren Linie seinen konservativ-kapitalistischen und generell staatsfeindlichen Überzeugungen entsprechen, und zweitens müssen sie mittelfristig Rendite abwerfen. Mit Nettigkeiten wie wahrheitsgetreuer und ausgewogener Berichterstattung, Medienvielfalt, Respekt der Privatspäre Einzelner oder gar dem hehren Glaubensatz, dass nur publiziert wird, was wirklich zählt (All the news that’s fit to print) gibt er sich nicht ab.
Reaktionäres Weltbild und kruder Boulevard
Er scheut sich weder davor, mit seinen Medien aktiv in die Politik einzugreifen, um alles Linke und Grüne abzuschiessen, noch davor, unterste Geschmacks- und Anstandsschubladen zu ziehen, um seine Medienware gewinnbringend verhöckern zu können. Als Beispiel für Murdoch’s erstes Kriterium mag gelten, wie seine australischen Medien die frührere Premierministerin Julia Gillard so lange fertiggemacht und ihren Gegenpol Tony Abbott so lange weissgewaschen hatten, bis dann tatsächlich ein Erdrutsch in den Wahlen von 2012 Abbott an die Macht und Gillard in den politischen Hades brachte. Ganz auf Murdochs Linie «I make and break Prime-Ministers», welche er selbst mitunter zum Besten gibt.
Murdochs zweites Kriterium lässt sich illustrieren mit dem News of the World Hacking- Skandal in Grossbritannien (illegales Anzapfen von Mobiltelephonen von Berühmtheiten und Verbrechensopfern, Korruption von Polizisten), der zeigte, dass für Murdochmedien die Scham- und Geschmacksskala nach unten offen ist. Das Sonntagsblatt News of the World (NotW) musste Murdoch unter Druck der Öffentlichkeit zwar einstellen, dessen Wochentagsausgabe Sun wird nun aber auch am Sonntag gedruckt, um den Millionen von NotW-Lesern – das Blatt hatte die weltweite höchste Auflage aller englischsprachigen Zeitungen – ihre Dosis von Sex and Crime auch am Wochenende servieren zu können.
Monopol und Meinungsmacht
Bislang hat die geplante Übernahme in den USA primär unter dem Gesichtspunkt des Kartellverbots zu reden gegeben, also der Vermeidung einer marktbeherrschenden wirtschaftlichen Grosseinheit. Nur langsam kommt eine Diskussion in Gang, ob die Bedrohung durch den Medieninhalt nicht noch viel gefährlicher ist. Ein amerikanischer Journalist hat vorgerechnet, dass 1983 fünfzig Unternehmen 90 Prozent des amerikanischen Medieninhalts (Print, TV, Film) beherrschten, es aber 2012 nur noch sechs waren. Die Übernahme würde diese Konzentration weiter stark beschleunigen, da Murdoch nachher ein gutes Drittel aller Filmproduktion in Hollywood und fast ein Drittel aller US-TV-Inhalte gehören würde.
Angesichts der globalen Marktmacht der englischsprachigen Unterhaltungs- und Informationsindustrie ist dies wahrlich kein angenehmer Ausblick, weder für die Amerikaner noch für den Rest der Welt. Filme mit Inhalt und Anspruch aus Hollywood würden noch rarer.
Wohlgemerkt, es handelt sich hier keineswegs um irgendwelche finstere Verschwörungen dunkler Mächte. Im Gegenteil, Murdoch geht ganz offen vor, um mit viel Geld absolute Macht zu erringen, und zwar auf dem Markt und in der Politik. Dagegen müssen sich heute westliche Demokratien mit allen Mittel wehren. Dazu gehören Gesetze, aber auch höchstpersönliches Lese- und Unterhaltungsverhalten. Vor der Verantwortung, die eigenen Geschmacks- und Schamgrenzen zu ziehen, kann uns niemand entbinden.
Es liegt also auch in der Verantwortung jedes Einzelnen, die Murdochs gar nicht erst zu den gefährlichsten Männern der Welt werden zu lassen. Sonst fällt ein absolut zentrales Unterscheidungsmerkmal weg, welches freiheitliche von autoritären Systemen – wo die Medien nicht vom Geld, aber von der Regierung kontrolliert werden – unterscheidet.