Ein US-Militärtribunal hat Bradley Manning in 17 von 22 Anklagepunkten vollumfänglich und in drei Punkten teilweise schuldig gesprochen. In einem entscheidenden Punkt aber kam Manning frei: Die Richterin sah es als nicht erwiesen an, dass der seinerzeit 22-jährige Soldat „dem Feind geholfen“ habe, als er WikiLeaks rund 700 000 Geheimdokumente zur Kriegsführung der USA im Irak und in Afghanistan zuspielte. Auch so aber drohen Bradley Manning bis zu 136 Jahre Hafte – abzüglich jener 112 Tage, die ihm erlassen werden, weil ihn die US-Regierung drei Jahre lang unter teils menschenunwürdigen Bedingungen in Untersuchungshaft belassen hat. Dass dem Angeklagten nun die Todesstrafe erspart bleibt, ist ein schwacher Trost. Und dass die Vorwürfe der US-Militärjustiz unverhältnismässig waren, ist nur das Eine. Statt sich um die Botschaft zu kümmern, wollte die Regierung Barack Obamas, bei der Duldung mutmasslicher Kriegsverbrechen ertappt, den Boten um jeden Preis bestrafen. Das Andere ist das Signal, das die Verurteilung an die Adresse von Whistleblowern und investigativen Journalisten aussendet. Es ist die Warnung einer Regierung, die auf die Wahrung von Geheimnissen, egal wie banal, versessen ist und jedes Jahr mehr als 92 Millionen Dokumente als geheim einstuft. Und die mit aller Macht jene verfolgt, die Licht ins Dunkel der Machenschaften einer Exekutive bringen, die sich zunehmend als „Big Brother“ gibt. In Washington DC ist, al-Qaida und die Taliban ausgenommen, sogar die Liste jener geheim, mit denen sich die USA im Krieg befinden. Solche Feinde werden zwar gekillt, mittels Drohnen etwa, aber nicht benannt. Als ob getötet zu werden nicht ausreichte, um Amerika zu hassen. (Ignaz Staub)