Als Mitt Romney am 6. November nach seinem letzten Auftritt im Wahlkampf nach Boston zurückflog, liess er die Journalisten an Bord wissen, er habe auf seinem iPad soeben seine Siegesrede fertiggeschrieben: „1118 Worte“. Mit einer Niederlage rechnete er nicht. Als er dann, nachdem er Barack Obama gnädig zu dessen Wiederwahl gratuliert hatte, nachts nach Hause fuhr, begleitete ihn schon nicht mehr der Secret Service, sondern lediglich noch sein ältester Sohn Tagg. Mitt Romney, den immerhin 59 Millionen Amerikaner als ihren Präsidenten sehen wollten, war innert Stunden vom möglicherweise mächtigsten Mann der Erde zum einsamen Privatmann mutiert. Und über Nacht auch zur Persona non grata in seiner Partei, die ihm diese Niederlage nicht verzeiht. Frühere Kandidaten, die Präsidentschaftswahlkämpfe verloren, sind entweder in der Politik geblieben oder haben sich noblen Aufgaben gewidmet: Richard Nixon, Bob Dole, John McCain, Al Gore, John F. Kerry. Was Mitt Romney tun wird, weiss noch keiner. Derzeit scheint aber wenig wahrscheinlich, dass er prominent in die Öffentlichkeit zurückkehrt. Dafür haben ihn die Republikaner und ihre Akolyten zu rasch fallen gelassen. Und sie ignorieren ihn bereits. Aber auch der Verlierer selbst zeigt wenig Einsicht: Präsident Obama, sagt Romney, habe nur gewonnen, weil er den Wählern „Geschenke“ versprochen habe. Als sei sein Gelübde, Steuersenkungen für Reiche um jeden Preis beizubehalten, nicht auch ein Geschenk gewesen. (Ignaz Staub)