Die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigen westlichen Wirtschaftsmächte wollen Russland weiter isolieren und die Ukraine zusätzlich militärisch unterstützten. Bei ihrem G-7-Treffen im bayerischen Elmau beschworen sie westliche Geschlossenheit gegenüber dem Kreml-Herrscher. Russland antwortete auf das Treffen mit Dutzenden Raketenangriffen auf ukrainische Städte, unter anderem erstmals wieder auf Kiew.
Am Montag soll der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj per Video zugeschaltet werden. Am Sonntag sagte Selenskyj, die Verzögerung von Waffenlieferungen sei «eine Einladung an Russland, immer wieder zuzuschlagen». Die Ukraine brauche dringend Luftabwehrsysteme. Die westlichen Partner müssten «sich schneller bewegen, wenn sie wirklich Partner und nicht Beobachter sein wollen», sagte er.
Selenskyj forderte die Staats- und Regierungschefs der G7 auf, «den Druck nicht zu verringern» und weiterhin «schwere» Strafmassnahmen gegen Russland zu verhängen, berichtet AFP.
Zelensky wandte sich am zweiten Tag des dreitägigen G7-Gipfels per Videolink an die Staats- und Regierungschefs.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, die G7 werde «den Druck auf Putin weiter erhöhen».
Es wird erwartet, dass die G-7-Staaten weitere militärische Unterstützung für Kiew zusagen und weitere Sanktionen gegen Moskau verhängen werden. Zur Sprache auf dem G-7-Gipfel kommt auch die Verhängung eines Einfuhrstopps von russischem Gold. Auch eine Verschärfung der Sanktionen gegen russisches Öl steht zur Diskussion.
Gegenprojekt zur Seidenstrasse
Zudem wollen die G-7-Mächte die Entwicklungsländer auf ihre Seite ziehen und mit viel Geld ködern. Bis 2027 sollen insgesamt 600 Milliarden Dollar in die Entwicklung der Schwellenländer investiert werden. Beobachter werten dies als Gegenprojekt zur chinesischen Initiative einer «neuen Seidenstrass», einem ebenfalls mehrere hundert Milliarden teuren Projekt, mit dem Peking auf der südlichen Halbkugel mehr Einfluss gewinnen will.
Russische «Trotzreaktion»
Während sich die G-7-Staats- und Regierungschefs in Bayern treffen hat Russland am Sonntag Dutzende Marschflugkörper auf ukrainische Städte abgeschossen. Die New York Times spricht von einer «offensichtlichen Trotzreaktion».
Die russischen Raketen haben Ziele in der gesamten Ukraine getroffen. Auf Kiew wurden 14 Raketen abgefeuert. Der Beschuss der Hauptstadt war der schwerste seit 14 Wochen. Ein Wohnblock wurde zerstört, wobei mindestens ein Mensch getötet und sechs weitere verletzt wurden, darunter ein siebenjähriges Mädchen.
In Kiew wurde auf dem Spielplatz eines Kindergartens in der Nähe eines neunstöckigen Gebäudes, dessen oberste Stockwerke auseinandergerissen wurden, ein grosser Explosionskrater aufgerissen. Die Mutter des verletzten Mädchens – eine russische Staatsbürgerin – wurde ebenfalls aus den Trümmern geborgen und in ein Spital gebracht. Das Mädchen wurde später operiert und befindet sich in einem stabilen Zustand, hiess es.
Nach Angaben des ukrainischen Militärs wurden einige Raketen von Tupolew-Bombern über dem Kaspischen Meer abgefeuert, das etwa 1’450 km entfernt ist. Am Samstag waren russische Raketen von Tupolews abgefeuert worden, die über dem benachbarten Belarus flogen.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden am Sonntag ukrainische Ausbildungszentren der Armee in den Regionen Tschernihiw nördlich von Kiew sowie Schytomyr und Lwiw mit Hochpräzisionswaffen angegriffen.
Weitere Gebiete waren die zentrale Stadt Tscherkassy, wo ein Mensch starb, die nordöstliche Region Charkiw, Lyssytschansk, ebenso Mykolajiv im Süden.
Zusammenstehen
Biden sagte, Putin habe damit gerechnet, dass die Nato und die EU gespalten würden. Das sei nicht geschehen und werde auch nicht geschehen. Wir können diese Aggression nicht zulassen», erklärte der amerikanische Präsident. Trotz Bekenntnissen zum Zusammenstehen sind einige Risse im westlichen Bündnis unübersehbar.