Von westlicher Seite wird dagegen notwendigerweise auf Diplomatie und Embargomassnahmen gesetzt. Dem schliesst sich auch die Schweiz an, weil sie weder anders will noch kann.
Russland hat de facto die Krim besetzt und bedrängt, auch militärisch, den östlichen Teil der Ukraine. Beides verstösst klar gegen internationales Recht, bilaterale und multilaterale Vereinbarungen(z.B. die Schlussakte von Helsinki) und alle Normen, welche in Europa seit Ende des Kalten Krieges als selbstverständlich angenommen werden. Dies wird verurteilt durch zahlreiche Staaten, eingeschlossen alle westlichen. Sogar China schweigt verlegen, da eine so flagrante Einmischung in - keineswegs ausserordentliche - interne Angelegenheiten eines anderen Staates quer steht zu Beijing’s aussenpolitischem Leitmotiv von absoluter Souveränität.
Neutral kann die Schweiz nicht sein
Auch die Schweiz hat sich dieser Verurteilung angeschlossen, indem als erste praktische Auswirkung Bundesrat Berset nicht an der Eröffnung der Paraolympischen Spiele teilnimmt. Das ist ebenso richtig wie nicht anders möglich, da ein isoliertes Auftreten eines westlichen Regierungsmitglieds in Sotschi nicht als neutral, sondern als prorussisches Zeichen gewertet würde. Dass die Begründung mit Terminschwierigkeiten etwas anders ausfällt als die klareren politischen Hinweise anderer Minister aus dem Westen, ist allenfalls ein oberflächlicher Unterschied, der vor dem Hintergrund versuchter Vermittlung gesehen werden kann.
Vermittlung, nicht Neutralität. Neutral ist die Schweiz in diesem Konflikt nämlich nicht. Sie kann und will es nicht sein, da ausschliesslich von einer Seite schwere Verstösse gegen grundlegende internationale Normen vorliegen. Eine ideelle Neutralität im Sinne einer moralischen Äquidistanz zwischen der ukrainischen und der russischen Position ist damit undenkbar, was aber keineswegs heisst, dass für einmal die Schweiz nicht mit zur Krisenberuhigung beitragen könnte.
Richtig und schnell gehandelt
Dies nicht als Neutraler sondern als Vorsitzland der OSZE. Der schweizerische Aussenminister hat ebenso schnell wie richtig gehandelt als er mögliche Vermittlung durch die OSZE, welcher alle direkt interessierten Staaten aber auch die USA als Mitglied angehören, in Gang setzte. Dies in Form von Beobachtern und einem OSZE-Sondergesandten. Letzteren aus innenpolitischen Gründen anzugreifen ist ebenso lächerlich wie kontraproduktiv. Es interessiert, was und wie er in dieser Krisensituation macht, nicht Parteizugehörigkeit oder angebliche Vaterlandsliebe.
Indes konnten die OSZE-Beobachter nicht in die Krim einreisen, was auf die bekannte russische Aversion gegen ‘Helsinki’ hinweist. Insbesondere dem postsowjetischen Putin erscheint die OSZE als einer der wichtigsten Sargnägel des verlorenen Imperiums, welches er versucht, wieder zusammenzusetzen.
Auch der UNO-Sondergesandte für die Ukraine wurde aus der Krim hinausgedrückt, was zeigt dass Russland aus Angst vor fehlendem Rückhalt noch nicht einmal eine Diskussion im UNO-Sicherheitsrat will, welche es ja jederzeit mit einem Veto blockieren kann. Zu dünn ist die von Moskau geltend gemachte Argumentation angeblich antirussischer Ausschreitungen, zu gross die Möglichkeit, dass nicht einmal von üblicher autoritärer und antiwestlicher Seite Unterstützung erwartet werden könnte.
Embargomassnahmen
Am ehesten diplomatisch erfogsversprechend erscheint im Moment noch eine hochrangige Kontaktgruppe, welcher wohl neben den Direktbeteiligten die USA, die EU rsp. einzelnen ihrer grossen Mitglieder und allenfalls auch die Schweiz angehören würden. Dies aber nicht als neutrales Land sondern als OSZE-Vorsitz. Das ist auch gut so.
Wenn sich nämlich die Krise weiter zuspitzt, Putin sich in in seiner ‘Heim ins Reich’- Pose zugunsten angeblich bedrohter russischstämmiger Ukrainer verheddert, dann werden auch die EU-Länder härtere Embargomassnahmen beschliessen müssen. Solche nicht mit zu vollziehen, ist für die Schweiz undenkbar. Sollten sich nämlich solche Massnahmen auch gegen russische Wirtschaftsinteressen - Vermögenswerte und Personen - richten, würde es mit Blick auf auch schweizerische Grundwerte und und wegen Drucks von aussen unmöglich, die Viktor Veckselbergs dieser Welt einzig darum anders zu behandeln, weil ihnen Teile schweizerischer Wirtschaftskronjuwelen gehören.
Soforthilfepaket
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird ein diplomatisches Finessieren im Dienste potentieller Vermittlung nicht mehr funktionieren. Dies wäre insofern nicht weiter schlimm, als nur zwischen zwei grundsätzlich kompromissbereiten Kontrahenten vermittelt werden kann. In der gegenwärtigen Ukrainekrise ist Putin den entsprechenden Beweis bislang schuldig geblieben.
Sollte entgegen dem doch eine Krisendeeskalation eintreten, wird dies jene etwas kosten, welche sich für Frieden und Stabilität in Europa einsetzen. Dazu zählt auch die Schweiz, ungeachtet, ob sie nun EU-Mitglied ist oder nicht. Das Soforthilfepaket der EU von 11 Mia. zugunsten einer als unabhängiger Staat überlebenden Ukraine hat erste entsprechende Massstäbe gesetzt.