Die deutschen Sozialdemokraten erzielten bei der letzten Bundestagswahl das bisher schlechteste Ergebnis. Die einstige starke Regierungspartei erlitt eine historische Blamage. Sie wurde abgestraft, weil sie – in der Rolle des fünften Rades am Wagen – in der Grossen Koalition die Politik von Frau Merkel mehr oder weniger oppositionslos mittrug. Mit der Niederlage am 24. September war allen Sozialdemokraten klar: Die Partei muss sich häuten, regenerieren; es braucht einen Neuanfang. Dazu gibt es nur einen Weg: die SPD muss in die Opposition.
Jetzt nach dem Scheitern von Jamaika hört man schon da und dort den Ruf, die SPD trage Verantwortung für das Land und solle doch – bitte sehr – erneut in eine Grosse Koalition einwilligen.
Es ist den Sozialdemokraten wärmstens zu empfehlen, dies nicht zu tun. Zum Wohl der Partei und längerfristig zum Wohl des Landes. Spannt die SPD erneut mit Merkel zusammen, wird es keine dringend notwendige Erneuerung der Partei geben. Dann brechen die einst stolzen Sozialdemokraten wohl endgültig ein. Man regeneriert sich nicht, wenn man mitregiert.
Jamaika ist nicht nur gescheitert, weil Herr Lindner – aus welchen Gründen auch immer – das Boot verlässt. Jamaika gibt es auch deshalb nicht, weil die seit dem Wahltag im September angeschlagene Angela Merkel keine klare Linie vorgab – und eigentlich nicht mehr so recht weiss, was sie will. Ist die SPD nur noch gut genug, der CDU-Kanzlerin aus dem Schlamassel zu helfen? Willigen die Sozialdemokraten in eine Grosse Koalition ein, verlieren sie nicht nur jeden Stolz, sondern auch einen grossen Teil ihrer verbleibenden Anhängerschaft. Sollte die SPD-Spitze sich erneut für eine Grosse Koalition aussprechen, dann wohl vor allem deshalb, weil die Führungsriege dann wieder mit Regierungsämtern belohnt wird. Eigentlich gibt es in Deutschland nur drei Möglichkeiten: Neuwahlen, Minderheitsregierung – oder Rücktritt von Frau Merkel.