Es war einer der spannendsten Abstimmungssonntage in der Schweiz seit langem. Bis zum Schluss standen der Kauf neuer Kampfjets und das revidierte Jagdgesetz auf der Kippe. Die Anschaffung der Kampfflugzeuge wurde mit einem Mehr von nur 8670 Stimmen angenommen.
Im Mittelpunkt des Interesses stand die SVP-Begrenzungsinitiative (Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung»). Die Vorlage forderte, dass die Schweiz die Zuwanderung eigenständig regelt und die Personenfreizügigkeit neu verhandelt. Alle Parteien, ausser der SVP, lehnten die Initiative ab.
Knapp 62 Prozent der stimmenden Stimmberechtigten lehnten die Initiative ab. Die Vorlage scheiterte auch am Ständemehr. Befürwortet haben die Initiative einzig das Tessin, Schwyz, Glarus und Appenzell Innerrhoden.
50,1 Prozent der Stimmenden sagten Ja zum Bundesbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge. Die Vorlage sieht den Kauf neuer Kampfjets für sechs Milliarden Franken vor. Das Ergebnis ist DIE grosse Überraschung des Abstimmungssonntags. Umfragen hatten ein deutliches Ja prognostiziert. Alle Westschweizer Kantone (ausser dem Wallis), die beiden Basel und das Tessin lehnten den Kauf neuer Kampfflugzeuge ab.
Das revidierte Jagdgesetz, mit dem die steigende Zahl von Wölfen reguliert werden soll, wurde mit 51,9 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.
60,3 Prozent sagen Ja zur Einführung eines zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaubs (Änderung des Erwerbsersatzgesetzes).
Die Erhöhung der Kinderabzüge bei den Bundessteuer wurde mit 63,2 Prozent Nein abgelehnt.
Die Stimmbeteiligung bei den eidgenössischen Vorlagen lag bei sehr hohen 58 Prozent. Das ist die höchste Stimmbeteiligung seit 2016, als über die Durchsetzungsinitiative und den Gotthard-Strassentunnel abgestimmt wurde.
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Da wegen der Corona-Massnahmen weniger Personal zur Auszählung der Stimmen aufgeboten wurde und da über viele Vorlagen abgestimmt wurde und die Stimmbeteiligung hoch war, verzögerte sich die Bekanntgabe der Ergebnisse in vielen Kantonen.
Parallel zu den Eidgenössischen Abstimmungen fanden in mehreren Kantonen und Gemeinden Wahlen und Abstimmungen statt.
Hier eine Auswahl:
WAHLEN
Kanton Schaffhausen: Bei den Kantonsratswahlen legen die Grünen und die Grünliberalen zu. Die Grünen gewinnen einen Sitz dazu und die Jungen Grünen deren zwei. Die GLP gewinnt einen Sitz dazu. Beide Parteien haben nun mit je fünf Sitzen Fraktionsstärke.
Die SP verliert nicht nur einen Sitz und dazu noch denjenigen der Juso, die nicht mehr angetreten ist. Auch die FDP verliert einen eigenen Sitz und einen der Jungfreisinnigen. Die SVP verliert einen Sitz.
Stadt St. Gallen: Bei der Wahl ins St. Galler Stadtpräsidium erreichte die SP-Kandidatin Maria Pappa am meisten Stimmen, verpasst aber das absolute Mehr. Deshalb kommt es zu einem zweiten Wahlgang. Alle bisherigen St. Galler Stadträte wurden wiedergewählt.
Auch in der Stadt Wil muss ein zweiter Wahl entscheiden, wer Stadtpräsident/Stadtpräsidentin wird.
Stadt Biel: Die Stadt bleibt rot-grün. Stadtpräsident Erich Fehr (SP), mit Finanzdirektorin Silvia Steidle (FDP) und Sozialdirektor Beat Feurer (SVP) wurden alle Bisherigen wiedergewählt. Neu im Gemeinderat sind Lena Frank (Grüne) und Glenda Gonzalez (PSR).
Stadt Chur: Die CVP-Kandidatin Sandra Maissen zieht in den Churer Stadtrat ein. Die Bisherigen Urs Marti (FDP) und Patrik Degiacomi (SP) werden wiedergewählt.
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KANTONALE ABSTIMMUNGEN
Kanton Aargau: Die Abschaffung der Schulpflege wird mit 57 Prozent gutgeheissen. Das umstrittene Energiegesetz wird mit 50.9 Nein-Stimmen abgelehnt. Das Gesetz sah vor, den CO₂-Ausstoss der Gebäude zu reduzieren.
Kanton Genf: Mit 58,2 Prozent Ja-Stimmen befürworten die Genferinnen und Genfer eine von den Gewerkschaften eingebrachte Initiative, die einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde verlangt.
Kanton Zürich: Die Zücherinnen und Zürcher sagen mit 61,8 Prozent Ja zu einer Neuverteilung der Sozialkosten (Zusatzleistungsgesetz). Das Strassengesetz wird mit 55,2 Prozent Ja-Stimmen angenommen.
Kanton Nidwalden: 59 Prozent der Stimmenden votieren für eine Senkung der Gewinnsteuer von 6 auf 5,1 Prozent. Damit bleibt Nidwalden der steuerlich günstigste Schweizer Kanton für Unternehmen.
Kanton Uri: 68 Prozent befürworten die Erhöhung der Kinderzulagen um 40 Franken. Angenommen wird u. a. auch die Änderung des kantonalen Fuss- und Wanderweggesetzes, die Änderung des Gesetzes über die direkten Steuern im Kanton Uri und das Veloweggesetz.
Kanton Schwyz: Die Einführung neuer SekPro-Klassen wird mit 52,4 Prozent abgelehnt.
Kanton Solothurn: Die Errichtung eines neuen Standorts der Motorfahrzeugkontrolle wird mit 74 Prozent angenommen.
Kanton Luzern: Vermieter müssen künftig neue Mieter über den bisherigen Mietzins informieren. Eine entsprechende Initiative des Mieterinnen- und Mieterverbandes wird mit 50,1 Prozent der Stimmen angenommen. Weniger als 300 Stimmen gaben den Ausschlag.
Kanton Thurgau: 54,4 Prozent der Thurgauerinnen und Thurgauer befürworten den fast 40 Millionen teuren Ergänzungsbau für die Thurgauer Verwaltung.
Kanton Basel Land: 60 Prozent befürworten die Vorlage über den Stellenwert des Autobahnnetzes.
Kanton Appenzell AR: Herisau bekommt einen neuen Bahnhof und einen neuen Bahnhofplatz. Mit 68,6 Prozent wird das 17 Millionen teure Projekt gutgeheissen. Die Abfederungsmassnahmen zum Steuergesetz werden mit 80.1 Prozent Ja-Stimmen angenommen.
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GEMEINDE-ABSTIMMUNGEN
Stadt Zürich:
- 59,1 Prozent der Zürcherinnen und Zürcher befürworten den Bau eines neuen Hardturm-Stadions.
- Mehr als 70 Prozent sagen Ja zur Volksinitiative „Sichere Velorouten“ (in den nächsten zehn Jahren sollen mindestens 50 km Veloschnellrouten gebaut werden).
Stadt Bern: Mit 88 Prozent Ja-Stimmen heissen die Bernerinnen und Berner die Transparenz-Vorlage gut. Damit müssen die im Stadtparlament vertretenen Parteien sowie alle Kandidaten und Kandidatinnen jährlich ihre Finanzierung offenlegen. Bern ist damit die erste Stadt in der Schweiz, die Vorschriften zur Parteienfinanzierung erlässt.
Stadt St. Gallen: Mit 65,4 Prozent Ja-Stimmen wird die Neugestaltung des Marktplatzes gutgeheissen.
Stadt Luzern: 72,7 Prozent sprechen sich für die Initiative „Spange Nord stoppen“ aus.
Gemeinde Sonvilier: Mit 286 zu 281 wird der Bau von sieben Windturbinen auf dem Gemeindegebiet abgelehnt.
(J21)