Deutschland hat zurzeit keine Regierung. Noch immer feilschen die beiden grossen Parteien um eine grosse Koalition. In den Niederlanden dauerte es nach den letzten Wahlen sieben Monate, bis eine neue Regierung stand. Belgien hatte fast zwei Jahre lang keine Regierung: Weltrekord. Und die britische Regierung ist zurzeit so schwach, dass sie eigentlich keine Regierung ist.
Die provokative Frage stellt sich: Braucht es überhaupt eine Regierung? Man stelle sich vor: Man würde Frau Merkel und den ganzen Bundestag zwei Jahre lang in den Urlaub schicken. Was würde geschehen? Gar nichts würde geschehen. Wie ginge es dem Land? Sicher nicht schlechter.
Man stelle sich auch vor: Man würde das italienische Kabinett, das sich vor allem mit sich selbst beschäftigt und sich im Kreise dreht, bis 2020 beurlauben. Wie ging es dem Land? Sicher besser. Zudem könnten pro Jahr drei Milliarden Euro gespart werden. Soviel verschlingt der italienische Politbetrieb. Die Minister und Parlamentarier erhalten die weltweit höchsten Diäten. Das gesparte Geld könnte zum Beispiel für den archaischen öffentlichen Verkehr oder das kaputte Telefonnetz eingesetzt werden.
Man braucht Regierungen, um die nötigen Reformen voranzutreiben. Heisst es. Hand aufs Herz: Welche Reformen haben die Regierungen in den letzten Jahren zustande gebracht?
Regierungen und Parlamente lähmen sich in vielen europäischen Staaten gegenseitig. Der Schlagabtausch zwischen Exekutive und Legislative und zwischen den verschiedenen Parteien führt immer mehr zu einer Blockierung der Regierungsarbeit, zu einem politischen Stillstand. Ob nun eine Regierung da ist oder nicht: es geschieht nichts. Oder kaum etwas.
Zudem geht es vielen Politikern immer mehr um sich selbst. Sie zelebrieren sich in Talkshows, provozieren, um wahrgenommen zu werden. Und immer sagen sie: Es geht mir um die Sache. Nein, den meisten geht es um sich selbst. Die Sache ist zweitrangig.
Provozieren wir nicht weiter. Natürlich braucht es eine Regierung und ein Parlament. Sie sind die Pfeiler der Demokratie, zu der wir uns bekennen und die bekanntlich „die beste aller schlechten Staatsformen“ (Churchill) ist. Doch die Regierungsorgane sind in vielen Ländern immer mehr festgefahren und gefesselt: kraft-, mut- und hilflos, zögerlich und ängstlich. Kaum ein Kabinett will noch den grossen, visionären Coup landen. Nein, man ist glücklich, wenn man sich bis zu den nächsten Wahlen durchgewurstelt hat. Der Unterschied zwischen einem Land mit einer Regierung und einem Land ohne Regierung ist oft gering.