«Cicero» hat in seiner Dezemberausgabe eine Rangliste der 500 wichtigsten Intellektuellen des deutschen Sprachraums veröffentlicht. Das in Berlin domizilierte Monatsheft des Ringier-Konzerns bemüht sich seit seiner Gründung 2004 ohne übermässiges Echo um den Status eines intellektuellen politischen Organs. Seine 500er-Liste bringt es nach 2006 und 2007 jetzt zum dritten Mal heraus – vermarktet unter der Schlagzeile «Deutschlands wichtigste Intellektuelle». Dabei ist die Annexion Österreichs, der Schweiz und weiterer deutschsprachiger Regionen nicht die einzige Merkwürdigkeit. Noch befremdlicher als der grossdeutsche Schnitzer ist die Unbedarftheit, mit der «Cicero» das Ergebnis seiner mit rein quantitativen Methoden erstellten Liste als «Ranking der Präsenz im geistigen Raum» und deren Spitzenreiter als «wichtigste Intellektuelle» anpreist. Der vom Ringier-Blatt angeheuerte Erbsenzähler summierte jedoch ganz einfach in einem Sample von deutschsprachigen Schreibenden deren Nennungen «in den 160 wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen» und ein paar weiteren Quellen. Die so zusammengeschusterte Liste misst schlicht den Pegel des Medienrauschens. In intellektueller Hinsicht ist das belanglos und als boulevardeske Lustbarkeit von schnell verbrauchtem Reiz. Wie anders wäre es, «Cicero» hätte tatsächlich eine Wertung der Intellektuellen gewagt! So jedoch kann man bloss diskutieren, ob richtig addiert wurde. (Urs Meier)