Die SPD ist als Verliererin aus den Vor-Verhandlungen zur Bildung einer Grossen Koalition hervorgegangen. Eigentlich hätte sie der ebenfalls darbenden CDU den Tarif erklären können, denn die CDU braucht jetzt die SPD. Doch nichts dergleichen. Parteichef Schulz liess sich über den Tisch ziehen. Fast nichts konnte er durchsetzen. Das merkt die Partei erst jetzt. Nun verlangt sie Nachbesserungen. Und nun sagt die CDU: Kommt nicht in Frage.
Seit langem stecken die deutschen Sozialdemokraten im Tal der Tränen. Die einst stolze Partei, die die deutsche Politik über Jahrzehnte massgeblich prägte (oder zumindest mitprägte), liegt wie eine zappelnde Verletzte auf der Bahre. Auf 20,5 Prozent kam sie noch bei den Bundestagswahlen – historischer Tiefstand. Und dies, weil sie in der Grossen Koalition – angekettet an Angela Merkel – jedes sozialdemokratische Profil verloren hat. Die Partei politisiert an ihrer einstigen Kundschaft vorbei.
Die 20,5 Prozent hätten ein Weckruf sein sollen, ein schriller Pfiff: eine Aufforderung zur Regenerierung. Das sah zunächst auch Parteichef Schulz so, als er kategorisch eine neue GroKo ausschloss. Doch nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen brach er ein. Plötzlich fabulierte er von „Verantwortung für das Land“, deren man sich nicht entziehen könne.
Jetzt, diese Woche, muss Schulz die Parteidelegierten überzeugen, dass eine Grosse Koalition eben doch das einzig Richtige ist. Und schon beginnt ein weiterer Akt des Trauerspiels: schon zerfleischt sich die Partei. Die Jusos kämpfen energisch gegen eine dritte Auflage der GroKo. Der Landesverband Sachsen-Anhalt hat schon dagegen gestimmt. Auch in andern Landesverbänden ist die Begeisterung nicht gewaltig.
Selbst wenn dann am Schluss eine GroKo durchgezwängt wird: die SPD steht da wie ein begossener Pudel. Der Vertrauensverlust ist enorm. Parteichef Schulz darf für sich in Anspruch nehmen, seine SPD zu einer Krümel-Partei zu degradieren. Sollte die GroKo erneut zustande kommen, muss die Partei befürchten, dass sie bei den Wahlen in vier Jahren weit unter die 20-Prozent-Marke rutscht. Vielleicht wird sie dann von der AfD überholt.
Nur in der Opposition könnte sich die Partei erneuern – sofern sie es denn kann. Als fünftes Rad am Wagen einer Grossen Koalition wird die Agonie nur verlängert. Ginge sie in die Opposition, hätte das zudem den Vorteil, dass sie im Bundestag die Oppositionsrolle nicht allein der lauten AfD überlassen würde.
Eine Demokratie ist dann stark, wenn mindestens zwei grosse Lager um die besten Lösungen ringen. Deshalb ist es wichtig, dass die SPD wieder eine starke Partei wird. In einer GroKo wird sie das nicht. Die SPD braucht dringend neues Personal und vor allem einen neuen Parteichef.
Aber auch der CDU täte es gut, wenn die Grosse Koalition zerbräche; denn auch die CDU ist ausgelaugt und erschöpft und sollte dringend über die Bücher.
Es wird vermutlich nicht zu einem Bruch kommen. So stehen den Deutschen denn müde politische Jahre bevor. Die Frage ist natürlich, was bei einem Platzen der GroKo geschehen würde. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: eine CDU-Minderheitsregierung oder Neuwahlen. Keine schönen Aussichten.